Breaking News: Märkte mit Geld geflutet – Geldumlaufgeschwindigkeit sinkt
OMG! Die Welt steht kurz vor dem Zusammenbruch! Am Beispiel USA wird hier „erklärt“, wie die Geldumlaufgeschwindigkeit beständig sinkt und so der wirtschaftliche Niedergang unaufhaltsam voranschreitet. Wer wollte schon die seit Jahren anhaltende deflationäre Tendenz ob dieser Grafik leugnen?
Was sehen wir hier nun genau? Bis Ende der 90er ging es mehr oder weniger bergauf, dann 2000/01 das Platzen der Dotcom-Blase und 2007/08 die GFC (Great Financial Crisis). Grauer Hintergrund bedeuten Krisenjahre, da sollte jedem einleuchten, dass da die Menschen nicht mit Geld um sich werfen, sondern auf die Ausgabenbremse treten.
Warum sinkt die Geschwindigkeit seitdem immer weiter? Werfen wir einen Blick auf die Quantitätstheorie und auf folgende Grafik:
Seit 2008 wird seitens der FED die Geldmenge massiv ausgeweitet (über QE habe ich hier bereits etwas geschrieben), was sämtliche Monetaristen auf den Plan ruft, die die (Hyper-)Inflation vor der Türe stehen sehen.
Ja, was denn nun? Deflation oder Inflation? Kann sich da mal jemand einig werden?!
Schauen wir uns die Quantitätsgleichung einfach mal an: M*V=P*Y, „wobei M für die Geldmenge, V für die Geldumlaufgeschwindigkeit, P für das Preisniveau und Y für das Handelsvolumen (von realen Gütern) steht, das stark mit dem BIP (Bruttoinlandsprodukt) korreliert“.
Man kann jetzt ganz viele tolle Rechnungen anstellen, mal P als konstant annehmen, mal Y, usw. und dabei Dinge „beweisen“, die mit der Realität leider nicht viel gemein haben… Nimmt man die rechte Seite als konstant an, dann ergibt sich zwangsweise bei einer Steigerung der Geldmenge M ein Sinken der Umlaufgeschwindigkeit V – der helle Wahnsinn, oder? Wir hätten damit einen Automatismus gefunden, der beide oben beschriebenen Vorgänge unter einen Hut bringt, allerdings keinen kausalen Zusammenhang liefert. Ich zitiere einfach mal den Unterpunkt Kritik aus der wikipedia:
Die Schlussfolgerungen aus der Quantitätsgleichung hängen nur davon ab, ob die Gleichung von links nach rechts gelesen wird, dass also eine höhere Geldmenge höhere Preise bewirke, oder einfach umgekehrt von rechts nach links, dass bei höheren Preisen ein größerer Geldumlauf erfolgt.[1] Die Gleichung beweist nicht, dass die höheren Preise von einer höheren Geldmenge verursacht wurden und nicht umgekehrt.
Der entscheidende Einwand betrifft die angeblich für das Preisniveau ursächliche Geldmenge: Wir können uns eine Ökonomie denken, in der alle Zahlungen bargeldlos über Bankkonten abgewickelt werden und zum Ausgangszeitpunkt alle Konten auf Null stehen. Nach einem bestimmten Zeitraum sollen alle Haushalte ihr gesamtes Einkommen so ausgegeben haben, dass alle Konten zum Endzeitpunkt wieder auf Null stehen. Es lässt sich also weder zu Beginn noch zum Schluss irgendeine Geldmenge in der Ökonomie feststellen und dazwischen kann das Bankensystem durch Überweisungen mit vorübergehender Überziehung der Konten die Transaktionen mit jedem beliebig hohen Preisniveau abgewickelt haben.
Man nennt eine solche Gleichung daher auch eine Tautologie. Sie ist untauglich, kausale Zusammenhänge herzustellen. Je nach ideologischer Ausrichtung, kann man alles und nichts damit „beweisen“. Schön für diejenigen Ökonomen, deren Publikum über diesen Sachverhalt noch nicht aufgeklärt wurde.
Warum gibt es diese Gleichung überhaupt? Aus meiner Sicht dient sie der Rechtfertigung der Monetarismus-Theorie, dass man weiter von einem „Ding“ Geld ausgehen und es irgendwie fassbar zu machen versucht. Die Dynamik durch Werden und Vergehen bei Kreditvergabe und Tilgung ist da schon etwas komplizierter zu modellieren, aber dann müsste man sich von liebgewonnenen geschlossenen Kreislaufmodellen verabschieden.
Auch die Erde ist kein geschlossenes System (auf abiotische Ressourcen bezogen schon), die Sonne versorgt uns mit zusätzlicher freier Energie, die Pflanzen, Tiere und wir nutzen, umwandeln und einen Teil davon als Abfallprodukt wieder in den Weltraum abstrahlen. Aber dazu in einem der kommenden Beiträge mehr.
Philosoph 8:33 am am Juni 14, 2014 Permalink |
Das Konzept der Geldumlaufsgeschwindigkeit ist Schwachsinn. Dass die sogenannte Geldumlaufgeschwindigkeit sinkt, kann niemanden ernsthaft erstaunen. Hier mehr Infos:
https://sites.google.com/site/geldsysteminfo/geldumlauf-illusion
thewisemansfear 10:38 am am Juni 16, 2014 Permalink |
Nichts anderes soll der Beitrag aussagen.
Danke für den Link. Da sind doch einige erhellende Beispiele, die mit manch aktuellen Mythen aufräumen. Die Schlussfolgerung, dass das Schuldgeldsystem Ursache für die jetzige Misere sei, teile ich aber nicht. Damit blendet man den Faktor Mensch so gut wie aus, obwohl es immer Menschen sind, die Systemschwächen für sich ausnutzen. M.M.n. trägt eine von Kleinauf eingeimpfte Wettbewerbs-Ideologie einen großen Teil dazu bei, dass die divide-et-impere-Strategie so gut funktioniert.
Philosoph 11:54 am am Juni 21, 2014 Permalink
Da gebe ich Ihnen ganz recht. Das ist auf einer anderen Seite vermerkt und in ein Märchen verpackt:
https://sites.google.com/site/geldsysteminfo/kritik-an-der-kritik/fehlender-zins
thewisemansfear 12:54 pm am Juni 21, 2014 Permalink
Den Beitrag habe ich bereits entdeckt und kräftig weiter verlinkt. In dieselbe Richtung geht https://wiki.piratenpartei.de/AG_Geldordnung_und_Finanzpolitik/Zins/Zinskritik-Kritik
Ein gewisser Franz Hörmann als selbsternannter Buchhaltungsspezialist ist ja nach wie vor gegenteiliger Meinung, hat sich dazu bislang leider nicht geäußert :-9
Philosoph 8:50 am am Juni 22, 2014 Permalink
Die Herren Hörmann, Senf und auch weitere Profs kann ich schon lange nicht mehr ernst nehmen. Allerdings denke ich, dass sie gefährlich sind, da sie eine Aufgabe zu haben scheinen, nämlich die Leute zu zermürben, bis sie das Maul halten. Sie handeln ganz nach der hegelschen Dialektik These-ANTITHESE-Synthese. Dass sie so dumm sind und ihren Senf, den sie verzapfen, auch noch glauben, kann ich mir eigentlich kaum vorstellen.
thewisemansfear 10:46 am am Juni 22, 2014 Permalink
Dummheit würde ich denen nun nicht unbedingt vorwerfen, aber es kommt wie so oft eine menschliche Eigenart zum Tragen: sich gegen Kritik zu immunisieren und diese nicht für voll zu nehmen. Senf hat spätestens seit den Antisemitismus-Vorwürfen „zu“ gemacht, Hörmann wird stellenweise als Esoteriker bezeichnet. Wo viel Licht ist, ist auch viel Schatten…
Keine Ahnung, ob man es „Hybris“ nennen will, die sie an der Richtigkeit ihrer eigenen Äußerungen glauben lässt. Zum Teil wird die als unverhältnismäßig angesehene Kritik sie weiter in ihrem Tun bestärken „jetzt erst recht“.
Man muss immer mal wieder „geerdet“ werden, wenn man Gefahr läuft, sich eine eigene Welt zusammenzustricken. Das müssen Fachleute durch ihr Umfeld, wie Politiker durch ihre Wähler, usw.
rjmaris 8:46 am am Juni 22, 2014 Permalink |
Interessante Denkanstöße aus den Kommentaren! Die Geldumlaufgeschwindigkeit sinkt, weil soviel Geld gehortet wird (Spekulationsmasse o.ä.). Die Geldflutungen ersetzen bloß das Geld, das in den Umlauf fehlt. Das ist einer der Gründe, weshalb es (noch) keine Inflation gibt.
Was sagt uns das?
1) Das BIP ist letztlich aussagekräftiger.
2) Es ist Durchblick benötigt über die „inaktiven“ Geldmengen. Dann kann eine Diskussion starten über Möglichkeiten, dieses verrostete Zeug freizukriegen.
thewisemansfear 10:30 am am Juni 22, 2014 Permalink |
Die Frage, die sich stellt, ist doch: Wann ist Geld in der Wirtschaft wirksam?
Wenn es auf dem Konto liegt? Nein, sondern nur dann, wenn es ausgegeben wird. Die Monetaristen und sonstigen Geldmengentheoretiker begehen den Fehlschluss, dass auf dem Konto einbezahltes Geld einfach so von jemand anderem per Kredit wieder abgerufen wird. Wenn nicht genug Nachfrage herrscht, müsse ja irgendwo Geld fehlen.
Geldumlauf und Umlaufgeschwindigkeit sind reine Kunstbegriffe, um deren Theoriegebilde weiter am Leben zu halten. Wenn mein Geld, was ich zur Bank getragen habe, dort nicht wieder abgerufen wird, hat das denselben Effekt, wie wenn ich es unter die Matratze stopfe. Letzteres wird als „Horten“ verunglimpft und soll mittels Strafgebühr unterbunden werden, während ersteres „Sparen“ der Welten Rettung sei.
Ohne Kreditnachfrage nützen aber alle Sparguthaben der Welt nichts.
Update: EZB und BuBa haben aus gutem Grund die Geldbasis M0 aus ihren Verlautbarungen gestrichen. (Nur) Bargeld und Sichtguthaben sind zu M1 zusammengeführt, und das obwohl das eine Zentralbankgeld und das andere Giralgeld ist. ZBG-Reserven (andere Bezeichnung für die Geldbasis) sind in der Wirtschaft nicht wirksam, können es auch nicht werden. Nur indirekt. Entweder hebt jemand wieder Bargeld ab oder er überweist etwas – jeweils zur Bezahlung von irgendetwas.
rjmaris 11:21 am am Juni 22, 2014 Permalink
„Monetaristen und sonstigen Geldmengentheoretiker begehen den Fehlschluss, dass auf dem Konto einbezahltes Geld einfach so von jemand anderem per Kredit wieder abgerufen wird.“ – ist das wirklich so? Ich meine, die meisten Fachleute wissen, dass Buchgeld von Geschäftsbanken geschöpft wird. Dann ist doch die logische Folgerung, dass jedes Guthaben auf einem Bankkonto, die Gegenbuchung des Kredites bereits darstellt? – vereinfachte Darstellung ohne sonstige Bilanzposten.
Ich widerspreche allerdings, dass Geldumlauf ein Kunstbegriff ist. Sehr plastisch wird dies in einer witzigen Darstellung Sloterdijks dargestelltt: http://www.youtube.com/watch?v=tiyBRTK9XUc
Es sind 2 Minuten, und der hier dargestellte Kreislauf macht klar, dass die Anzahl der Tauschbeteiligten klar etwas über die Wirtschaftsaktivität aussagt.
Inaktives Geld auf einem Konto hat Hortungsqualität (das sehe ich seit Kurzem ein). „Matratzengeld“ ist allerdings schlimmer, weil der Bank Geld in den Bilanzen fehlt. Ich vermute, dass dies Sparzinstreibend wirkt.
thewisemansfear 12:38 pm am Juni 22, 2014 Permalink
Ich kann Dich/Sie nur ermuntern, ein bisschen in den Tiefen dieses Blogs zu stöbern. Das Beispiel was Sloterdijk da bringt, habe ich bereits aufgegriffen: https://thewisemansfear.wordpress.com/2014/04/01/wie-war-das-noch-mit-dem-geld/
grob zusammengefasst soll die Geschichte ja aussagen, dass ohne das „Ding“ Geld nichts läuft. Trotzdem muss aber niemand warten, bis es „zu ihm/ihr“ kommt. Es gibt so viele Wege, Schulden zu begleichen…
Zum ersten Absatz: Ich bin gebranntes Kind durch die Freiwirte, die sind da sehr speziell…
Und zum Geldumlauf: davon auszugehen macht nur Sinn, wenn man von einem „Ding“ Geld ausgeht, was man irgendwie rumreicht. Das kommt von einer Ansicht, dass unsere Wirtschaft und quasi alles menschliche Handeln nur über Tausch funktionieren würde. Werden und Vergehen ist dabei nicht vorgesehen.
rjmaris 1:15 pm am Juni 22, 2014 Permalink |
Danke für die Hinweise. Bzgl. „in den Tiefen“ zu stöbern: da bin ich zurückhaltend. Es gibt ja so wahnsinnig viele Blogs. Und Zeit ist ja knapp…
Kurz zum Geldumlauf: natürlich handelt es sich nur um „Besitzwechsel“ von Ansprüchen auf Geld, also um Referenzen. Faszinierend finde ich Stützels begriff „Gleichschritt“. Ich wende es alternativ auf Gleichschritt von gegenseitiger Leistungserbringung an. Theoretisch wäre die Geldmenge zu einem beliebigen Zeitpunkt X gleich Null, wenn alle gegenseitige zeitversetzte, multilaterale Leistungsansprüche (Gütertausch) zu jenem Zeitpunkt befriedigt wären, angewandt auf das Sloterdijk-Beispiel wäre was wie mit einer riesigen mathematischen Gleichung, in die Variablen links und rechts weggestrichen werden können, und y = 0 übrigbleibt. Auch diese Betrachtung zeigt, dass es nicht um Geld, sondern um Buchhaltung geht.
thewisemansfear 1:35 pm am Juni 22, 2014 Permalink |
Die Haltung kann ich nachvollziehen. Wenn der Punkt erreicht ist, an dem einen die Antworten in seinem gewohnten Umfeld nicht mehr zufrieden stellen, geht man eben auf die Suche und „stöbert“ 😉
Den Aufmerksamkeitsfilter kalibriert jeder selbst nach den eigenen Vorlieben, ganz klar.
bertrandolf 10:37 am am Juni 27, 2014 Permalink |
Intressant ist wer gerade die Märkte flutet. Laut NZZ sind zu 40% staatliche Fonds und „unabhängige“ Intitute wie die Zentralbanken mit an Bord. Theorethisch spekulieren sie nicht, sondern bilden so eine Art Sockel, der sich nicht umschlägt.
http://www.nzz.ch/finanzen/einstieg-von-notenbanken-in-die-aktienmaerkte-1.18328034
thewisemansfear 12:51 pm am Juni 27, 2014 Permalink |
Schon allein die Überschrift trifft den Kern nicht: „Die Finanzmärkte verlieren zunehmend ihren Bezug zur Realität.“
Ich kann nur nochmal das Zitat von Rainer Voss (im letzten Beitrag) bringen: „Es gibt nicht die Märkte. Wir tun so, als wäre das irgendeine gotthafte Kraft, die über uns hereinbricht. “Die Bank oder die Firma hat entschieden -” Nein! Da entscheiden Menschen. Und wenn man den Menschen sagt: “Hör damit auf!” Dann hören die damit auf. Das muss man nur in der richtigen Art tun.”
Leider ist das Video mittlerweile nicht mehr verfügbar, aber das bringt es auf den Punkt.
‚Unabhängig‘ ist zu recht in Anführungszeichen gesetzt, das ist auch so eine Mär.
Ohne Kreditlenkung wird freigesetztes Kapital nur wieder ins Casino gehen, da man dort die höchsten Renditen erwartet. Das sind die Auswüchse des ach so freien Marktes, ohne sinnvolle Begrenzungen funktioniert es nicht.
bertrandolf 1:14 pm am Juni 27, 2014 Permalink
Ich habe den Film sogar 2 Mal gesehen. Die Vorstellung von Märkte ist wie die Weltvernichtungsmaschine aus dem Film „Dr. Seltsam – Oder wie ich anfing die Bombe zu lieben“. In dem FIlm baut die UDSSR eine Maschine, wenn sie angegriffen wird, automatisch die Welt zerstört. Also quasi das größtmögliche Abschreckungsszenario darstellt, weil keiner Verantwortung trägt und es keine Kontrolle, bzw einen Ansprechpartner gibt. Und deswegen meint Herr Voss das dort Menschen gibt, die kontrolliert und zur Verantwortung gezogen werden können.
Im Artikel wird darstellt, das Notenbanken, Staatsfonds usw…. einen großen Anteil am Casino haben und quasi das Geld da reinlenken. Dies zerstört doch jegliche Theorien^^