Höhere Tarifabschlüsse werden nicht helfen, den Karren wieder aus dem Dreck zu ziehen

Nicht falsch verstehen, ich erkenne natürlich an, dass speziell in einer Währungsunion eine Angleichung der Lohnstückkosten erfolgen muss. Deutschland hat hier deutlichen Nachholbedarf, um in punkto Inflationsraten überhaupt zum EU-Durchschnitt aufzuschließen, geschweige denn längere Zeit[!] oberhalb davon zu verweilen. Dann würden in der Theorie die Überschüsse langsam aber stetig wieder abgebaut, man hätte dann hierzulande einen aktuell undenkbaren „Import-Überschuss“.

3,4% auf 15Monate Tarifabschluss der IG-Metall sind wie auf flassbeck-economics errechnet gerade einmal 2,7% Steigerung bezogen aufs Jahr (Einmalzahlung kommt noch oben drauf). Besser als nichts, aber doch nicht mehr als ein Tropfen auf den heißen Stein. Mein Arbeitgeber war sich nicht zu schade darauf hinzuweisen, dass dies ja die größte Reallohnsteigerung der letzten 15Jahre gewesen sei. Recht hat er, nur was sagt uns das über die Reallöhne aus? Hinweis: „flach wie ein Brett“.

Warum halte ich diesen Weg nun für nicht gangbar? Weil das das äußerste ist, was die Unternehmen (Metallindustrie = vorwiegend Export) derzeit „verkraften“. Aufträge und Umsätze schwinden nicht erst seit Anfang des Jahres, damit wird es in der sich weiter eintrübenden Wirtschaft wohl oder übel weitergehen. Es kommt dann dazu, dass zwar die Tarifsteigerungen noch übernommen werden, aber gleichzeitig Leute entlassen werden! Die bisherigen Margen schwinden dahin, man muss daher noch weiter runter mit den Herstellkosten, so die Verlautbarung. Das funktioniert natürlich nicht beliebig, und vor dem Anheben der Verkaufspreise scheut man zurück. Das wird aus Einzelunternehmenssicht wie ein Zeichen von Schwäche ausgelegt… Dabei soll doch genau Inflation (=steigende Preise) erreicht werden. Tja, und wer hat die Güte, das den Unternehmenslenkern zu erklären, bevor diese noch mehr Druck auf ihre Belegschaft aufbauen? Der Arbeiter als Kostenfaktor wird weiter in den Fokus rücken und spätestens zur nächsten Tarifrunde wird es böse enden. Da können sich die Gewerkschaften auf die Hinterbeine stellen, nochmals ähnlich hohe Abschlüsse halte ich (realistischerweise leider) für utopisch. Wenn, dann wird wie schon geschehen, noch mehr Personal abgebaut, was der Gesamtnachfrage nicht wirklich zuträglich ist. Ein paar wenige, die noch in den Genuss weiterer Steigerungen kommen sollten, leben dann wie auf einer Insel der Glückseligen. Und um sie herum schaut man in die Röhre. Da gäbe es einiges zu managen von der Politik.

Problem ist ja, dass die Struktur der deutschen Industrie so dermaßen auf Export getrimmt wurde, dass eine gewünschte!! Nachfragereduzierung aus dem Ausland (die sollen ja selbst wieder auf die Beine kommen) – egal ob wegen sich hier verteuernder Preise oder Staaten, die kurz vor der Austeritätspleite stehen – sich spürbar negativ bemerkbar macht. Kapazitäten und Leute, diese auszulasten, sind nun einmal da.

Industrieproduktion Südeuropa

Quelle: querschüsse

Was binnen über 10 Jahren aufgebaut wurde, lässt sich nicht mal eben wieder auf nachhaltige Strukturen rückbauen.  Und doch kommt es genau darauf an, wie hier nun ein verträglicher Rückbau bewerkstelligt wird… Es funktioniert einfach nicht, weiter auf 200+Mrd € Auslandsschulden zu setzen (geklaute Nachfrage aus dem Ausland). Am Ende landet man in einer Transferunion oder man lässt die ehemalige Kundschaft pleite gehen. D.h. man wird so oder so auf die zusätzliche Nachfrage verzichten müssen. Aber für diese Einsicht ist es bei einigen Politikern noch ein weiter Weg.

Idealerweise sorgt ein Einkommensschub ja für ein Momentum, was wie eine Kaskade neue Impulse lostriggert. Mit genügend Vertrauen und Zuversicht in die Zukunft könnte das funktionieren. Ansonsten landet ein Großteil davon als Ersparnisse [sic!] nutzlos auf irgendeinem Konto und die Wirkung verpufft. Da helfen sie niemandem 🙂