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  • thewisemansfear 8:32 pm am March 5, 2015 Permalink
    Tags: , , Ersparnis, , Leistungsbilanzdefizit, Mackenroth, Transferunion   

    Warum die Eurozone zur Transferunion wird 

    These: Deutschlands Wirtschaftspolitik der dauerhaften Überschüsse ist der Grund, warum die Eurozone sich in eine Transferunion wandeln muss.

    Begründung: Leistungsbilanzüberschüsse (Dauerhafte erst recht) erzwingen (aufgrund formaler Logik) ein entsprechend hohes Defizit an anderer Stelle. Das zehrt so lange an der Substanz des Defizitärs, bis im Grunde nichts mehr übrig ist. Das ist auf Staatenebene ebenso wenig sinnvoll und wünschenswert wie auf Bundesländer-Ebene und darunter. Damit es weiter „rund läuft“ benötigt es einen Ausgleich. Wer dies als Solidaritäts-Duselei oder ähnliches abtun möchte, argumentiert im Prinzip mit dem egoistischen Recht des Stärkeren. In den Medien werden sehr viele Vorurteile bedient, die darauf aufbauen. Dabei findet sich Merkantilismus all das wieder: da werden die Nachbarn ausgebeutet was das Zeug hält und eigene Wirtschaft „geschützt“.

    Warum dauerhafte Überschüsse nicht funktionieren können und (un)mittelbar zu einen Ausgleich führen müssen, lässt sich aus meiner Sicht gut anhand von Stromproduktion und -verbrauch verdeutlichen. Man verzeihe mir die unsaubere Wortwahl, genaugenommen wird Strom natürlich nicht „produziert“, sondern Energie in eine für uns nutzbare Form umgewandelt. Am Ende einer oder mehrerer elektro-mechanischer Umwandlungen (Maschinenantrieb oder bei digitalen Gadgets) existiert diese Energie nur noch als nicht mehr nutzbare Abwärme.

    Beim Strom weiß mittlerweile auch der technische Laie, dass „Produktion“ und „Verbrauch“ zusammenfallen müssen, d.h. wenn der Wind ordentlich bläst und die Sonne richtig scheint, muss der Strom irgendwie zum Verbraucher geleitet werden. Das gilt für die konventionelle Kraftwerke genauso. Man kann die anfallenden Mengen schlicht nicht vernünftig zwischenspeichern.

    Zentral an einen Fleck lauter AKWs oder auch PV- und Windanlagen zu bauen, wird konsequenterweise als unsinnig erachtet. Egal, wie viel Strom“überschuss“ dort anfiele, ohne Leitungen (Transfers!) bekommt man den Strom von dort nicht weg. Kann aber auch sein, dass die Nachbarn den partout nicht wollen, dann muss man die Kraftwerke entweder schnell genug runterregeln oder es rummst relativ großflächig. Bei ansteigender Spannung und eventuell auch Frequenz sind irgendwann die Betriebsgrenzen ziemlich vieler Geräte erreicht, die hauchen dann nach und nach ihr Leben aus.

    Jede Region hat einen auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmten Bedarf und dementsprechend eine darauf zugeschnittene Produktion. Überschüsse kann es prinzipbedingt mangels Speicherung nicht geben. Der eigentliche Energiespeicher ist ja letztlich Kohle, Öl oder Gas. Wenn dieser umgewandelt (verbrannt) wird, entsteht eine für diesen begrenzten Zeitraum nutzbare Energieform. Strom zwischenzuspeichern ist bislang nur in begrenzter Form möglich (elektro-chemisch). Das Ende der Fahnenstange in der Entwicklung ist da wohl noch nicht erreicht, aber der Knackpunkt ist ein anderer:

    Es geht um die monetären Überschüsse, die Deutschland weiter und weiter anhäuft. Man tut dies hierzulande, weil man glaubt bzw. eingeredet bekommt, dass diese für die Zukunft gespeichert („gespart“) und später abrufbar wären. Dass diese Sichtweise falsch ist, wurde u.a. im Mackenroth-Theorem beschrieben. Auf volkswirtschaftlicher Ebene kann es kein monetäres „Sparen“ geben, da sämtliche Bedarfe aus dem existierenden Kapitalstock bedient werden. Deutschland insgesamt saugt nach wie vor Kapital aus dem Ausland ab und gleichzeitig drückt die hiesige Politik dort weiter ihr Austeritäts-Dogma durch. Zu blöd, dass dadurch die Deindustrialisierung voranschreitet und der Kapitalstock verkümmert… Ja, genau der, von dem die monetären „Ersparnisse“ später wieder in „Leistung“ eingelöst werden sollen. Wofür hat man auch sonst Leistung gegen monetäre Ansprüche erbracht bzw. „eingetauscht“?

    Wer Widersprüche erkennt, sollte diese vielleicht an seinen Bundestagsabgeordneten, Zeitungsredakteur seines Vertrauens oder auch seinem Nachbarn berichten. Vielleicht hilft das der (Un-)Logik auf die Sprünge. Ohne Ausgleich geht es nicht, weder mit Strom noch mit Geld. Wenn ich daran denke, dass die ganze Privatvorsorge-Milchmädchenrechnung letztlich ohne den Wirt gemacht ist…


    Nachtrag: Bei sehr vielen Dingen im (wirtschaftlichen) Tun und Handeln geht es darum, wie man „Ersparnis“ bildet, von der man in „mageren Zeiten“ oder am Lebensabend zehren kann. Dieses Denken führt aber gesamtwirtschaftlich gesehen in die Irre…
    Landwirten früher lag das noch im Blut: die Ernte musste mit genug Überschüssen eingefahren werden, um über den Winter zu kommen. So ist es bei Lebensmitteln auch heute noch, nur gibt es vielfältige Wege der Zwischenspeicherung in Form von Kühlhäusern, ganze Gewächshäuser unter Kunstlicht/Heizung oder gleich in anderen Breitengraden. Alles eine Frage der zur Verfügung stehenden Energie, z.B. für den Transport. Mit dieser Abhängigkeit vor Augen, sollte man immer mal wieder prüfen, wie nachhaltig dieses System funktioniert, erst recht wenn es unter Stress gerät.


    tl;dr: Ohne vernünftigen Speicher kann keine „Ersparnis“ gebildet werden. Geld ist was das angeht gerade *kein* Wertaufbewahrungsmittel für die breite Masse. Hier kommt das nächste Paradoxon zum Tragen: sparen alle/genügend viele Geld, geht der Schuss genau nach hinten los.

     
  • thewisemansfear 12:14 pm am January 31, 2015 Permalink
    Tags: , , Leistungsbilanzdefizit, , Michael Schlecht, ,   

    Neulich im Bundestag: Ideologie triumphiert über Sachverstand 

    Um das Thema Außenhandel und Leistungsbilanzüberschuss sowie -defizit wurde schon viel gesagt und geschrieben. Fakt ist, dass sich auf der Welt insgesamt alle Überschüsse und Defizite zu NULL aufaddieren, da die Welt selbst keinen Außenhandel betreibt (noch ist es zumindest nicht soweit). Die Chefideologen im Bundestag und im Beraterstab arbeiten aber weiter darauf hin 😉

    Die Widersprüche, in die sich so einige Überschussbefürworter verstricken, sind im Folgenden Debattenausschnitt auf den Punkt gebracht:

    • einseitige Sichtweise: „Wir haben Überschüsse, und das ist gut so!“ Dass diese Defizite auf der anderen Seite erzwingen bleibt außen vor.
    • „Wir haben schon Erfolge bei der Stimulierung der Binnennachfrage erzielt, sind deshalb auf einem guten Weg!“ Aha. Und deshalb rechnet der Wirtschafts-Siggi in seinem Haushaltsplan für dieses Jahr mit einem steigenden Außenbeitrag (höheres Defizit == mehr Schulden des Auslands)? Im Endeffekt heißt das, die Binnennachfrage läuft weiter unterdurchschnittlich.
    • „Wir wollen und brauchen kein Defizit in Deutschland!“ Haha, nein, wir verschenken dauerhaft Wirtschaftsgüter für monetäre Gutscheine (Geld). Auf diesem gehorteten „Schatz“ ruhen wir uns dann aus. Wenn nur das Ausland nicht dauern Pleite gehen würde… *hmpf*  Nochmal: Gelderwerb ist kein Selbstzweck. Wer geht arbeiten, damit der Kontostand stetig weiter steigt? Wenn man das so erarbeitete Geld nicht wieder für ein paar schöne Dinge ausgibt, dann hat man irgendwann vergessen zu leben… Schöner Selbstbetrug.
    • Daran anknüpfend: Es ist und bleibt unwiderlegbare Logik, dass der Abbau von monetären Überschüssen nur über ein Defizit im Überschussland möglich wird. Auf Einzelsicht bezogen, muss nach dem Sparen auch wieder entspart werden, sonst hat man nichts von der Ersparnis a.k.a. „Überschüsse“ gehabt. Die schwäbische Hausfrau, wenn sie alles richtig macht, lebt am Ende ihrer Tage vom Ersparten („über ihre Verhältnisse“). Ihr Konto weist dann ein bilanzielles Defizit auf.
    • Auf den Staat bezogen gibt es aber kein „Ende seiner Tage“, sondern steten Generationswechsel. Es kann kein dauerhaftes Ansparen bzw. dauerhaftes Verschulden geben. Der Hinweis auf den Stabilitätspakt von Michael Schlecht ist daher der Wink mit dem Zaunpfahl, der leider von den Ideologen beiseite gewischt wird.
    • „Wir wollen dass Deutschland als Exportnation erfolgreich bleibt, damit die Menschen in diesem Land Arbeit haben!“ Unfassbar, aber nur konsequent. Scheiß aufs Ausland, Hauptsache wir können unsere Leute beschäftigen… Wir produzieren am liebsten für die gesamte Welt mit! Da braucht keiner mehr den Finger rühren, uns reicht der wohlige Gedanke an dauerhaften Überschuss *facepalm*
    • Wenn das Ausland nur nicht ständig überschuldet wäre, hach, dieser Plan könnte bis in alle Ewigkeit so weiter verfolgt werden… Da muss man doch was tun, wenn die einfach nicht vernünftig wirtschaften können. Und dann wollen die nicht mal auf unsere Ratschläge hören?! Tsssss.

    Auf nationaler und internationaler Ebene zählen als wichtigste Vergleichsgröße die Lohnstückkosten (Lohn geteilt durch Produktivität). Es kommt eben nicht allein auf die Produktivität an, sondern ob diese im Verhältnis zu den Löhnen steht. In einer Währungsunion wie Deutschland nach der Wende und nun in der Eurozone insgesamt, müssen die Löhne an die Produktivität angeglichen werden. Die Unternehmen beuten aber genau die Lohndifferenzen zu ihren Gunsten aus, indem sie hochproduktive Werke in strukturschwache Randgebiete verlagern, wo sie eben nicht denselben Lohn für die gleiche Arbeit zahlen müssen. Ihr wollt Arbeit? Ja, aber nur zu unserem Preis! 

    Im Außenhandel gibt es das Mittel der Auf- und Abwertung der eigenen Währung. Häuft ein Land (zu Lasten des Auslands) über einen längeren Zeitraum monetäre Überschüsse an, werden die quasi über Nacht entwertet. Da können sich die Aufwertungs-Apologeten noch so drüber freuen, dass sie nun mehr Kaufkraft im Ausland zur Verfügung hätten. Das ist reine Augenwischerei. Es erzwingt über Nacht in- und ausländische Unternehmen ihre Bilanztitel neu zu bewerten mit entsprechenden Verwerfungen auf beiden Seiten. Fakt ist, dass danach die Auslandsnachfrage schwächer ausfällt und der Exportsektor das Nachsehen hat.

    Man kann es noch so sehr wollen und dank ideologischen Scheuklappen den Blick von der Realität abwenden, aber das Anhäufen von Dauerüberschüssen wird nicht gelingen. Die Politiker, die den Stabilitätspakt ausgearbeitet haben, hatten noch diese weise Voraussicht. Ich hoffe, dass nicht nur Ideologen im Bundestag sitzen, sondern dass sich Erkenntnisse dieser Tragweite irgendwie auch wieder als Allgemeingut durchsetzen. Sonst fährt dieser Karren gewaltig vor die Wand. Erst trüben sich in den Unternehmen die Aufträge und damit die Umsätze ein, dann brechen die Gewinne weg und es rückt der größte Ausgabenposten in den Fokus – die Löhne. Im Anschluss wird hilfesuchend bei der Politik angeklingelt: „Wir müssen billiger werden!“ Agenda 2020! Usw. usf. Die Abwärtsspirale ins Nichts, die lediglich einen zeitlichen Vorteil verschafft, bis der Rest nachgezogen hat oder sogar noch stärker gesenkt hat, spätestens dann ist man wieder im Zugzwang.

    Dem muss man klipp und klar einen Riegel vorschieben. Auch nicht für mehr Arbeitsplätze in Deutschland, nicht auf diesem Weg. Ein Wetteifern, wer es am günstigsten kann in der Währungsunion, nützt nur den Unternehmern. Aber selbst das nur temporär, da die Gesamtnachfrage so immer hinter den Erwartungen zurückbleiben wird. Die Politiker außerhalb des Linken Lagers lernen besser schnell, dass Wirtschaften immer Umverteilung bedeutet. Zu wessen Gunsten, das wird ständig neu austariert. Die Finanzlobby ist nach wie vor gewaltig am Drücker, aber auch dort wird man das Mächteverhältnis nicht mehr lange aufrecht erhalten können (ohne die Krallen noch weiter auszufahren). So fällt dann Hülle um Hülle, bis auch der Letzte mitbekommt, was hier eigentlich gespielt wird.

    Update: Merkel und Schäuble warnen und ermahnen Griechenland: Deutschland sei nicht erpressbar.http://www.zeit.de/politik/2015-01/merkel-schaeuble-griechenland
    Ist es eben doch! Wer Überschüsse anhäuft, baut lediglich Forderungen gegenüber dem Ausland auf und ist damit abhängig von der Leistungsfähigkeit und dem Willen des Schuldners. Man vertraut auf das Versprechen des „Schuldners“ (a.k.a. Geld), zukünftig Waren/Dienstleistungen im selben Wert konsumieren zu können. Was man effektiv ein“fordern“ kann, zeigt sich eben jetzt am aktuellen Beispiel. Wenn es dumm kommt nichts!
    Aber die Ermahnung wird schon wirken, wenn wir nur alle fest die Daumen drücken! 😉

     
    • GeorgT 5:53 am am Februar 3, 2015 Permalink | Antworten

      Sehr schoen geschrieben. Und was auf der Ebene der Volkswirtschaften dem einen oder anderen trotz per medialem Trommelfeuer verbreiteten Unfung doch noch einleuchtet, ist natuerlich auch auf der Ebene der Unternehmen und der Ebene der Individuen in gleicher Weise wirksam. Habe soeben auf Querschuesse einen neuen Begriff kennengelernt, der das aufgreift und noch etwas weiter traegt: saldenmechanischer Spreizeffekt. Kommt uebrigens vom gleichen Stuetzel, der Flassbeck die volkswirtschaftliche Saldenmechanik beigebracht hat, von der heute keiner mehr etwas wissen will.
      http://www.querschuesse.de/zu-nachlassenden-unternehmensinvestitionen-teil-3/

      „Wenn man das so erarbeitete Geld nicht wieder für ein paar schöne Dinge ausgibt, dann hat man irgendwann vergessen zu leben… Schöner Selbstbetrug.“

      Dabei ist interessant, wer diesen Selbstbetrug, zum Teil mit staatlicher Unterstuetzung aber immer mit staatlicher Lizenz, als Grundlage des Geschaeftsmodell fuer sich nutzt. Banken und Versicherungen.
      Es lohnt sich also ueber sog. kapitalgedeckte Altersvorsorge (z.B. Riester) gruendlich nach zu denken.

      • thewisemansfear 7:38 am am Februar 3, 2015 Permalink | Antworten

        Ich habe bei diesem Mist selbst jahrelang mitgemacht. Der Arbeitgeber verteilt Zückerli und schießt was bei, und zusätzlich werden noch Entgeltbestandteile „umgewandelt“, d.h. angespart.
        Hhm, der Begriff „saldenmechanische Spreizung“ trifft das Ganze sehr gut. Man versucht ja nichts anderes, als einen Teil seines Einkommens in die Zukunft zu transferieren (und heute drauf zu verzichten), dass zum späteren Zeitpunkt aber von anderen / vom dann (noch) vorhandenen Kapitalstock generiert werden muss. Das ist die Augenwischerei dabei.

        Man muss sich nur vor Augen halten, dass die Versicherungen ihren Gebührenanteile gleich in den ersten 3-5 Jahren rausziehen, das ist ein einziger Hohn. Die nachträglich geänderten Besteuerungsregeln machen das im besten Fall zur Nullnummer, aber wer rechnet diesen Kram schon nach…

        • GeorgT 9:31 am am Februar 3, 2015 Permalink

          Jeder duerfte mehr oder weniger in die Systematik eingebunden sein bzw. sich eingebunden haben. Leider wird nicht gruendlich genug darueber nachgedacht, wie das Ganze zusammenhaengt und funktioniert.
          Ihre Artikel sind da hoffentlich Anregung fuer den einen oder anderen. Ich bin jeden Tag mit Menschen konfrontiert, die ausser ihrer Arbeitskraft nichts haben und taeglich um ein minimales Liquiditaetspolster, das ihne eine Teilnahme am „Spiel“ ermoeglicht, kaempfen. Wenn man gleichzeitig vor Augen hat, wie jede Idee, einen Schritt vorwaerts zu kommen, daran scheitern kann, dass kein Geld und auch kein Kredit zu tragbaren Konditionen zugaenglich ist, dann begreift man, auf welchen existenziellen Noeten/Aengsten dieser „Mist“ gedeiht.

        • thewisemansfear 10:28 pm am Februar 5, 2015 Permalink

          Ja, und vielleicht werden dann ein paar Menschen irgendwann auch verstehen, dass Geld zwar als Liquidität benötigt wird und den Laden am laufen hält, aber das große Räderwerk von zur Verfügung stehenden Energieträgern (und deren Nutzbarmachung) abhängt. Wenn es sonst keine ausbeutbare Energiequelle gäbe, bleibt ja nur die körperliche Arbeitskraft, um *irgendetwas* zu bewegen.
          Ich bin mal auf eine Seite gestoßen, wo sehr plastisch eine Parallele zwischen Geld und verfügbarer Energie dargestellt wurde. Für diejenigen, die es im Überfluss haben, drehen sich die Räder ohne zutun…

  • thewisemansfear 12:07 pm am April 23, 2014 Permalink
    Tags: Leistungsbilanzdefizit, , , ,   

    Connect the Dots… 

    Zur Abwechslung richten wir heute unser Augenmerk auf die Realpolitik. Die Ukraine bietet sich da förmlich an. Jeder der wahrnimmt, dass da ein Keil zwischen Russland und den Rest Europas getrieben wird (bzw. werden soll), sollte sich fragen, wem dies nützt. In jedem Kriminalfall werden auch die Interessenlagen der Beteiligten betrachtet, „follow the money“ ist ein relativ simpler, aber sehr effektiver Ansatz.

    Oberflächlich gesehen steht die Ukraine kurz vor der Pleite, es grassiert Korruption in Politik und Wirtschaft und es finden Sezessionsbewegungen statt, sich von diesem im Zerfall befindlichen Gebilde zu lösen. Russland a.k.a. „Putin der Schreckliche“ wird vorgeworfen, er unterstütze die Sezessionsbewegungen noch zusätzlich, das liegt ja auch irgendwie auf der Hand, nicht wahr? EU, USA, IWF und wie sie alle heißen, machen sich jedenfalls öffentlichkeitswirksam große Sorgen darum und betreiben einigen Aufwand, um Russland den schwarzen Peter zuzuschieben. Wenn die Sanktionsspirale erst einmal zum Selbstläufer bzw. Bumerang wird, dürfte das Geschrei groß werden.

    Jeder, der schon einmal ein defektes Gerät repariert hat, weiß, dass man bei der Untersuchung im Gerät meist recht schnell defekte Bauteile ausmachen kann. Mal ist das ein abgebrannter Widerstand, ein hochgegangener Kondensator oder eine angekokelte Lötstelle. Das Problem bei der Reparatur ist, dass diese oberflächlich festgestellten Defekte seltenst die eigentliche Ursache darstellen. Dafür muss man in der Schaltung/im System tiefer graben und sich die Funktionsweise vergegenwärtigen, was nun eigentlich den offensichtlichen Defekt ausgelöst hat.

    Einen Schaltplan für das „System Welt“ gibt es leider nicht, den muss man sich mühsam anhand der vorliegenden Informationen zusammenstellen. Wenn man auf der Suche nach der Ursache nun die geschichtliche Entwicklung mit in Betracht zieht, wird das Bild schon klarer. Macht und Einfluss der USA stützen sich auf die Weltreservewährung Dollar [+ ihren Militär- und Geheimdienstapparat, aber das lasse ich an dieser Stelle mal ausgeklammert]. Der Ausspruch des ehemaligen US-Finanzministers Connally: „It’s our currency, but it’s your problem.“ spricht Bände. Wenn man sich das strukturelle Leistungsbilanzdefizit und die angehäuften Auslandsschulden der USA anschaut, muss man sich unweigerlich fragen, wie  das zusammenpasst. Die Antwort ist recht schnell gefunden: unter Ausnutzung einer Monopolstellung – so gut wie alle Ölkontrakte auf der Welt werden in Dollar abgewickelt (-> Petrodollar). Gegen ein Monopol setzt man sich in der Regel zur Wehr, so haben etliche Regierungen/Machthaber eine Loslösung davon versucht, sind danach aber reihenweise bei innen- oder außenpolitischen Konflikten Schachmatt gesetzt worden. Iran/Irak, Lybien, Syrien, Venezuela, etc. seien hier beispielhaft genannt.

    Wie das mit der Ukraine zusammenpasst? Nun, Russland hat vor einiger Zeit ebenfalls Interesse bekundet, den eigenen Öl- und Gashandel in Rubel abzurechnen [diepresse] und stellt damit das Weltwährungssystem mit Quasi-Monopolisten USA infrage. Dass letzter darüber not amused sind, steht außer Frage. Und jetzt sehen wir an Russlands Grenze einen neu entstandenen Konfliktherd vor sich hinschwelen, wo massen-medial darauf hingewirkt wird, Putin/Russland als treibende Kraft hinzustellen („Großmachtgehabe“).  Für alle, die nur an der Oberfläche bleiben, mag das eine plausible Erklärung sein, die tiefer gehenden Ursachen werden damit leider nicht im Ansatz benannt. Von Medien-Schreibern, die in Atlantik-Brücke und sonstigen Vereinen aktiv sind, kann man ehrlicherweise keine sonderlich kritische Haltung erwarten, nur müssten solche Interessenkonflikte offen gelegt werden! So liegt es an jedem interessierten Leser selbst, diese Zusammenhänge herauszufinden und sich ein neues, eigenes Bild der Welt zu zeichnen.

    Weiterlesen (englisch) kann man hier: http://www.counterpunch.org/2014/04/18/the-ukraine-imbroglio-and-the-decline-of-the-american-empire/ und hier: http://www.counterpunch.org/2014/04/22/putin-petrodollars-and-canadas-useful-idiot/
    nachgeschoben: http://cassandralegacy.blogspot.de/2014/04/the-west-and-russia-tit-for-tat-game_21.html

     
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