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  • thewisemansfear 6:33 pm am December 23, 2014 Permalink
    Tags: Ölpreis, , Richard Werner   

    Kurzes Update zu den letzten beiden Beiträgen. Der saudische Ölminister Naimi hat wieder für Schlagzeilen gesorgt:

    „As a policy for OPEC, and I convinced OPEC of this, even Mr al-Badri (the OPEC secretary general) is now convinced, it is not in the interest of OPEC producers to cut their production, whatever the price is,“ Naimi was quoted by MEES as saying.

    „Whether it goes down to $20, $40, $50, $60, it is irrelevant,“ he said. Quelle: businessinsider

    Keine Frage, es ist schwer zu trennen, was davon Politik und was Wettbewerbs-Ideologie ist, ja keinen Marktanteil abgeben zu wollen, aber das „Spiel“ geht wie vorhergesagt weiter. Auf NakedCapitalism gibt es etwas mehr dazu: Klick


    Vielleicht der interessantere Hinweis zum Thema „Wie kommt Geld in die Welt?“ ist der Link zu folgender Studie von Prof. R. Werner mit dem Titel „Can banks individually create money out of nothing? — The theories and the empirical evidence
    Endlich hat man die Geld“schöpfung“ einmal empirisch nachvollzogen. Wundert mich ehrlich gesagt, dass das nicht schon früher geschehen ist.
    Gefunden habe ich den Hinweis zur Studie hier: http://socialdemocracy21stcentury.blogspot.de/2014/12/who-knew-banks-create-money-out-of.html

     
  • thewisemansfear 2:29 pm am November 29, 2014 Permalink
    Tags: Ölpreis, , Herdentrieb, , ,   

    Das Ölkartell: dank Wettbewerbsideologie im Selbstzerstörungsmodus 

    „Ölpreis schmiert ab“ titelt das Handelsblatt in einer aktuellen Meldung. Schuld daran sei das Festhalten der OPEC an den aktuellen Fördermengen. Allen voran Saudi-Arabiens Ölminister Al-Naimi wird zitiert mit:

    „Niemand sollte kürzen, und der Markt wird sich von selbst stabilisieren.“

    Ahja, der Mann muss es wissen… Die Funktionsweise „des Marktes“ ist klar: düstere Zukunftsaussichten mit geringerer Öl- bzw. Energienachfrage bei gleichbleibendem Angebot bzw. Fördermenge drückt den Preis, bis das vielbeschworene Gleichgewicht im Markt wieder gefunden ist. Wie wunderbar dieser Mechanismus funktioniert, sieht insbesondere am Langfristchart sehr beeindruckend aus (Augenmerk um 2008 herum):

    2007/08 war man voller überschwänglicher Erwartungen in die wirtschaftliche Entwicklung (noch vollkommen untertrieben) – bis die Blase geplatzt ist. Jetzt verkehren sich die Vorzeichen, nur anstatt mit Förderkürzungen das Angebot zu verknappen, um den Preis möglichst stabil auf hohem Niveau zu halten (ist ja auch eine psychologische Maßnahme, die die Erwartungshaltung der Marktspezis erfüllen würde) passiert genau – nichts. Ist ein Kartell normalerweise dazu gedacht, durch unerlaubte Preisabsprachen den Preis für eine Sache künstlich nach oben zu treiben, steht die Wettbewerbsideologie dem nun konträr im Wege.

    Wie ist das erklärbar? Eigentlich ganz einfach, es ist wohl so ähnlich wie: Wer zuerst zuckt, hat verloren. Wer einseitig die Fördermenge verknappt, ohne dass der Rest mitspielt, gibt am Ende Marktanteile ab und im schlimmsten Fall verpufft die Reduzierung nahezu vollständig ohne Stabilisierungswirkung auf den Preis. So argumentiert denn auch Saudi-Arabien.

    Die Angst vor der Konkurrenz, die einen überrollt, wenn man nicht 110% gibt

    So wendet sich die Wettbewerbsideologie am Ende gegen die Systemprofiteure. Wäre eigentlich eine schöne Anekdote, wenn die Folgen für die gesamte Weltwirtschaft nicht so beträchtlich wären. Man muss sich das nur mal vor Augen halten: In Zeiten steigender Preise und berauschender Zukunftsaussichten kann sich niemand der Akteure erlauben, kürzer zu treten, man ist in ständiger Furcht davor, sonst Marktanteile an die Konkurrenz abzugeben. Also wird alternativlos aufs Gas getreten, neue Fördermöglichkeiten ersonnen und umgesetzt, nur um die steigende Nachfrage zu befriedigen. Ich habe in der Solarindustrie den Boom live miterlebt, da gab es kein Durchschnaufen, nein, da wurden alle möglichen Anstrengungen unternommen, das bestehende System so gut es geht zu skalieren und die Produktionskapazitäten auszubauen. Blöd wird es dann, wenn man langsam realisiert, dass man hier ein Hamsterrad antreibt, was unter den eigenen Füßen ein Eigenleben entwickelt und einen umzureißen droht. Die Blase an übertriebener Erwartungshaltung ist geplatzt, man leckt sich immer noch die Wunden davon. Aktuelle Kapazitätsauslastung? Lieber nicht nachfragen…

    Sinken nun die Zukunftsaussichten, vermag es dank derselben Ideologie wieder der Einzelne nicht, dem sich in Gegenrichtung drehenden Hamsterrad zu entkommen. Wer nicht mitzieht, läuft am Ende Gefahr, Marktanteile abzugeben. Wir werden sehen, an welcher Stelle sich der Markt wieder von selbst „stabilisiert“.

    Folgen für die Weltwirtschaft

    In einer Wirtschaft, in der vor allem durch langfristige Anreizsysteme gesteuert wird, sind sinkende Preissignale bei Energie fatal. Kurzfristig bringen sie Entlastung bei den Verbrauchern, aber langfristig werden damit Investitionen in (jetzt noch) teure Entwicklungen unattraktiv und eingestellt. Die Ölproduzenten können ein Lied davon singen, etliche aktuelle Fördertechniken rentieren sich erst oberhalb einer gewissen Preisschwelle. Mal eben eine Öl-/Gasquelle abschalten und dann wieder aktivieren, wenn der Preis wieder genehm ist, funktioniert jedenfalls nicht.

    Als kurzes Fazit an dieser Stelle: Statt relative Preisstabilität mit langsam steigenden (oder fallendem) Verlauf sehen wir dank Wettbewerbsideologie ein kurz aufeinander folgendes Auf- und Ab von Über- und Untertreibungen. Das ist keine Wirtschaftsordnung, die langfristig überleben wird. Mit effektiver Ressourcenallokation hat das nichts im Entferntesten zu tun. Wenn man denn feststellt, dass der jetzige Talflug übertrieben ist, geht der Schweinezyklus von vorne los. Bis dahin sind aber reale Produktionskapazitäten verschwunden und müssen erst aufwändig wieder aufgebaut/aktiviert werden. Herdentrieb at its best.

    An einen ausführlicheren Beitrag zum Thema sei hier verwiesen: Trifft Russland Venezuela auf dem Weg zu einer zweiten OPEC?

    Update 08.12.: Auch Heiner Flassbeck hat das Sinken des Ölpreises in einem Radiointerview thematisiert: Der stark gesunkene Ölpreis: Ein ökologischer Rückschlag

     
    • bertrandolf 10:13 am am November 30, 2014 Permalink | Antworten

      Das in der Marktwirtschaft ständig Schweinezyklen auftreten ist aber nicht unbedingt etwas neues.

      • thewisemansfear 3:48 pm am November 30, 2014 Permalink | Antworten

        Ich betrachte das aus der Sicht eines Ingenieurs. Und wenn es wie oben zu sehen zu einem solchen Schwingungsverhalten kommt, dann gehört im System eine Dämpfung nachgerüstet. Der Öl-/Energiepreis ist nicht irgendetwas. Der hat in unseren modernen Dienstleistungs- und Industriegesellschaften eine Schlüsselrolle inne.
        Der Abstand der einzelnen Zyklusphasen wird zunehmend kürzer, so ist keine langfristige Planung mehr möglich. Das führt das ganze (Wirtschafts-)System ad absurdum.
        Das sollte eigentlich rüberkommen.

        Schauen Sie sich diesen Beitrag von Chris Martenson an, diesen Gegebenheiten sollte der Energie-/Rohstoffpreis eigentlich Rechnung tragen: https://www.youtube.com/watch?v=is0Ww5lu6Pg

  • thewisemansfear 1:36 pm am June 19, 2014 Permalink
    Tags: Ölpreis, , International Energy Agency, , ,   

    Der Ölpreis balanciert auf Messers Schneide 

    Beim heutigen Beitrag geht es um den Schmierstoff moderner (Volks-)Wirtschaften schlechthin – das Öl. In einem Fass (159l) steckt ein Energiegehalt von 5,88 GigaJoule, im Vergleich dazu verbraucht ein Mensch pro Tag in etwa 8,5 MegaJoule (ca. 2.000kcal). Aber um die menschliche Ernährung geht es bei dem Stoff nur sekundär, vielmehr um seine Rolle als „low-entropy“ Energiequelle. Wenn man sich vor Augen hält, dass man für diese Energie mal weniger als eine Handvoll Dollar hinblättern brauchte, dann wirkt das fast schon grotesk. Wie bei allem in der Welt gilt: ist im Überfluss davon da, besitzt es keinen monetären/zählbaren Wert. Erst mit einer Verknappung bildet sich dieser heraus.

    Nach Angaben der International Energy Agency (IEA) sind 2011 weltweit knapp 89 Millionen Fass Rohöl pro Tag verbraucht worden. Die Peak-Oil Debatte existiert nicht erst seit gestern, man ist sich letztlich uneins, wie lange noch auf diesem Niveau weiter gefördert werden kann oder ob wir bereits das Fördermaximum überschritten hätten. Wer sich unbedarft mit der Diskussion auseinandersetzt, könnte schnell versucht sein, mit den Schultern zu zucken und dem „Problem“ keine große Relevanz beimessen, da Peak bedeuten würde, es wäre ungefähr nochmal so viel Öl vorhanden. Pustekuchen. Der Zusammenhang ist nicht so trivial.

    Es gibt unterschiedliche Arten von Ölvorkommen

    1. crude oil (Rohöl), höchste Konzentration, sehr leicht zu extrahieren
    2. offshore oil (aus dem Meer gewonnenes Rohöl), ebenfalls hohe Konzentration, der Extraktionsaufwand nimmt zu (Bohrinseln)
    3. tar sands (in Teersanden gebundenes Öl), niedrigere Konzentration, höherer Aufwand zur Extraktion (Trennung mittels Chemie)
    4. shale oil (in Schiefergestein gebundenes Öl), im Vergleich die niedrigste Konzentration, erneut höherer Förderaufwand + Nutzbarmachung

    Mit jeder dieser Stufen nimmt der Extraktionsaufwand zu. D.h. es steigen sowohl monetäre Kosten als auch energetischer Aufwand. Das Verhältnis von aufgewendeter zu gewonnener Energie sinkt, die Förderung wird zunehmend unökonomisch. Spätestens wenn man in Bereiche kommt, wo man kaum noch mehr „hinten raus“ bekommt, als von „vorne rein“ steckt, wird man von einer weiteren Förderung absehen. An dieser Stelle sollte klar werden, dass wir kein Problem ausgehender Rohstoffe haben, sondern dass ab einem Zeitpunkt X der weitere Abbau wegen schwindender Erträge (diminishing returns) nicht mehr lohnt. Der Rest an Rohstoffen verbleibt dann einfach ungenutzt in der Erde (siehe Quelle im Bild oben). Wichtig zu verstehen ist, dass sich diese Problematik auf so ziemlich alle mineralischen Abbauprodukte übertragen lässt, keinesfalls nur auf Öl begrenzt ist.

    Das Dilemma um die Höhe des Preises

    Der Preismechanismus soll ja nach Marktlogik® genau das gewährleisten: abschätzen zu können, wann sich etwas lohnt, bzw. nicht (mehr) lohnt. Der Ölpreis muss demnach steigen, damit die Erschließung der Vorkommen niedrigerer Konzentration weitergehen kann – andernfalls lohnt es nicht weiter. Die Kehrseite der Medaille ist die, dass sich höhere Energiepreise negativ auf das Wirtschaftswachstum® auswirken. Höhere Aufwendungen für Strom/Heizung/etc. verringern direkt das verfügbare Haushaltseinkommen für Konsum™. Das ist den Verantwortlichen nur allzu bewusst, sonst würden Forderungen nach „bezahlbarer Energie(wende)“ nicht so vehement von Politikern und Industrievertretern vertreten. Hier beißt sich die Katze allerdings in den Schwanz, denn ohne dass Energie teurer wird, erreicht man früher den Zeitpunkt, an dem die weitere Förderung nicht mehr rentabel durchzuführen ist. Das System steuert an dieser Stelle auf eine nicht zu überwindende Grenze zu.

    Zusammenhang von Energiepreis und Wirtschaftswachstum, Quelle: http://ourfiniteworld.com/2014/05/21/the-connection-between-oil-prices-debt-levels-and-interest-rates/  (Fig. 8)

    Zusammenhang von Energiepreis und Wirtschaftswachstum, Quelle: http://ourfiniteworld.com/2014/05/21/the-connection-between-oil-prices-debt-levels-and-interest-rates/ (Fig. 8)

    Dieser empirische Beleg ist kein Nachweis kausaler Zusammenhänge. Man sieht jedoch gut, wie sich Öl- und Energiepreise relativ im Gleichtakt mit der Wirtschaftsentwicklung bewegen. Das führt uns direkt zum nächsten Schaubild, auf dem die Ausgaben/Aufwendungen (capital expenditures – capex) einiger der führenden Öl-/Energiemultis (entsprechen ca. 1/3 des Weltmarktes) aufgelistet sind:

    Während der letzten 10 Jahre sind diese kontinuierlich auf das Fünffache gestiegen. Im selben Zeitraum ist die absolute Ölfördermenge auf dem selben (hohen) Niveau verharrt. Das trägt den oben genannten Zusammenhängen Rechnung, dass die Erschließung weiterer, weniger effizient auszubeutender Quellen nicht ohne monetären Mehraufwand vonstatten geht. Wichtig ist der Forecast, der bestenfalls stagniert oder nach einigen Prognosen sogar wieder sinken soll. Ein weiteres Zeichen, dass Aufwand/Nutzen für die Unternehmen in einem zunehmend ungünstigeren Verhältnis stehen.

    Der Tanz auf Messers Schneide

    Niemand kann konkret vorhersagen, welche Auswirkungen eine neuere wirtschaftliche Schwächephase für Auswirkungen haben wird. In der Weltpolitik sprießen die Konfliktherde geradezu wie Pilze aus dem Boden. Was für Auswirkungen ein neuerlicher Schock durch Platzen der nächsten Finanzmarkt-Blase hätte, lässt sich allenfalls erahnen. Dass der Ölpreis dadurch unter Druck gerät, steht außer Frage. Damit würden u.U. sofort weitere Investitionen bei der Förderung auf Eis gelegt, was sich mittel- und langfristig auf die globale Wirtschaft und damit jeden von uns auswirken wird. Ein Zurückkehren auf das alte Niveau würde wahrscheinlich Jahre dauern. So lange, bis sich der Preis wieder „erholt“ hätte und die Investitionen nachgeholt werden könnten. Unter Umständen wird das bisherige Niveau aber auch gar nicht mehr erreicht werden können.

    Von verantwortungsvoller Politik (und deren Beratern) würde man erwarten, dass solcherlei Abhängigkeiten erkannt werden und man versucht, diese zu beseitigen. Wachstum in Form eines immer höher wachsenden tumbling-towers kann niemand ernsthaft wollen. Leider ist es so, dass Wachstum® längst zum nicht mehr hinterfragten Selbstzweck verkommen ist. Die Gründe dafür werden im kommenden Beitrag beleuchtet.

     

     

     

     
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