Wie kommt das Geld in die Welt? (Teil 1)

Aufgegriffen hatte ich dieses Thema bereits in einem älteren Beitrag, aber da ging es im Kern nicht um die Geldentstehung. Es lohnt sich aber, dieser Frage nachzugehen.

Eine Theorie muss „rund“ sein, d.h. möglichst widerspruchsfrei und in Einklang mit der wahrnehmbaren Realität stehen (also mit dem, was jeder einzelne von uns tagtäglich erlebt). Insbesondere bei den existierenden Geldtheorien hilft manchmal ein Faktencheck, um die Spreu vom Weizen zu trennen. Es ist höchst interessant, wie teilweise herumlaviert wird, wenn es um die Frage geht, wie Geld eigentlich in die Welt kommt, aber der Reihe nach…

Zunächst gibt es zwei Geldarten, die berücksichtigt müssen: Zentralbankgeld (relevante Untermenge davon: Bargeld) und das sog. Giralgeld der Geschäftsbanken, landläufig als das „Geld auf dem Konto“ der Wirtschaftsteilnehmer bezeichnet. Wer sich die Geldsystemhierarchie noch einmal ins Gedächtnis rufen will, schaue bitte im oben verlinkten Beitrag nach.

Die Herkunft des Geldes, ein Henne-Ei Problem?

Bargeld hebt man gewöhnlich von seinem Konto ab, soweit so gut. Entweder man zieht es sich aus dem Automaten oder erhält es am Bankschalter ausgezahlt. Ohne Guthaben auf dem Konto (wir nehmen der Einfachheit halber an, dass der Dispo Null beträgt) gibt es keine Möglichkeit an Bargeld zu kommen. Man kann jetzt zwar einwenden, dass früher auch der Lohn in bar ausbezahlt wurde (Lohntüte), nur hat der Arbeitgeber die Scheine und Münzen auch nur bei gedecktem Konto ausbezahlt bekommen. Eine reine Verlagerung der Auszahlungs-Logistik, so dass dieser Zusammenhang ein wenig verschleiert wurde.

Nochmal kurz in der Zusammenfassung: Bargeld erhält man nur im Austausch gegen Giralgeld auf dem Konto, dieser Betrag sinkt um eben die Summe, die man dann in der Brieftasche mit sich führt. Das Ganze lässt sich auch „rückwärts“ abwickeln, bei einer Bareinzahlung gibt man Scheine und Münzen ab und erhält eine entsprechende Gutschrift auf dem Konto. Unter der Haube, für den Normalsterblichen nicht offensichtlich, ändert sich bei diesem Wechsel einiges: Bargeld gehört zum Zentralbankgeld und stellt eine Forderung gegen die ZB dar. Zahlt man es auf der (Geschäfts-)Bank ein, wird daraus ein Guthaben aus Giralgeld und damit einer Forderung gegen die Geschäftsbank. (Dass man mit Geld streng genommen nichts fordern kann – im Sinne von erzwingen/einklagen – klammere ich an dieser Stelle einmal aus.) Es handelt sich um eine reversible Verschiebung zwischen den Hierarchieebenen im Geldsystem, nichts weiter.

 

Es gibt nun Geldtheorien, die starten mit einem Einzahlvorgang bei der Bank. Dabei wird ausgeklammert, woher denn das, was da eingezahlt wird, seinen Ursprung hat. Hm?Achso, das hat jemand davor abgehoben und ist dann zu demjenigen gewandert. Aha. Also weiter zurück zu dem, der es abgehoben hat. Ja, der hat es natürlich vorher auch mal eingezahlt! Hmh. Und wo hat er das her gehabt? Na, das hat ein anderer vor ihm …  Ok, können wir an dieser Stelle abbrechen. Da beißt sich die Katze im wahrsten Sinne des Wortes in den Schwanz. Diese Darstellung liefert schlicht keine befriedigende Antwort, wie denn Geld in die Welt kommt. Leute, die einen Narren in Fabian der Goldschmied gefressen haben, werden nun einwenden, dass die Leute früher ihr Gold zur Bank gebracht haben, welches sie vorher mühsam aus dem Boden buddeln mussten. Der Bänker wäre später dazu über gegangen, dafür Schuldverschreibungen (sog. Wechsel) auszustellen, sozusagen der Vorgänger unseres heutigen Geldes. Die Austrians (österreichische Schule) und Befürworter einer reinen Tauschwirtschaft hatten sicher ihre helle Freude an diesem Märchen und haben dies fleißig propagiert. Warum auch das die Realität nicht annähernd beschreibt, sondern vielmehr einer Ideologie Vorschub leisten soll, sehen wir später. Das Stichwort lautet Vorfinanzierung, die wird hier schlicht unterschlagen.

Geldvermehrung ist noch so ein Streitthema. Abenteuerlich sind in diesem Zusammenhang Theorien zu nennen, die ein Geldmengenwachstum über einen Geldschöpfungsmultiplikator herleiten wollen. Dass dabei nichts anderes als Ein- und Auszahlungsvorgänge ablaufen, haben die „Gläubigen“ anscheinend noch nicht durchschaut, Glaube ersetzt leider nicht das Nachdenken 🙂

Mythos vom „Geldschöpfungsmultiplikator“

Verkehrung der Kausalitätsrichtung - und schon wird fleißig "Geld geschöpft"

Verwirrung um Begrifflichkeiten sowie Bestands- und Stromgrößen – und schon wird fleißig „Geld geschöpft“ Quelle: https://www.youtube.com/watch?v=A_Zf6UCaHgw

Frei übersetzt geht das Spiel so: Jemand drückt Dir 1.000€ in die Hand und sagt: „Du und alle nachfolgenden Handelspartner müssen alles ausgeben, aber 10% „Reserve“ gehen bei jeder Transaktion an die Bank.“ Man könnte auch sagen, der Steuersatz bei jeder Transaktion liegt bei 10%. Dann mal los:

  • Schritt 1: 1.000€ werden ausgegeben, 900 davon kommen effektiv bei jemand anderem an, 100 bekommt die Bank – der Unsinn vom Einzahlen auf dem Konto und wieder ausleihen gehört halt zum Märchen dazu, ist aber so überflüssig wie ein Kropf… kürzt sich einfach heraus…
  • Schritt 2: 900€ werden erneut ausgegeben (entspart! 🙂 ), 810 bekommt jemand anderes, 90 die Bank
  • am Ende befinden sich auf der Bank insgesamt die ursprünglichen 1.000€ und, heller Wahnsinn, die Summe aller Transaktionen beträgt sage und schreibe 10.000€!!!11einself

Kein Geldmengenwachstum weit und breit

Herzlichen Glückwunsch an all diejenigen, die das als „Geldschöpfung“ bezeichnen! Wieder einmal wäre es hilfreich gewesen, wenn man Bestands- und Stromgrößen voneinander unterscheiden könnte… Die ursprünglichen 1.000€ (Bestände) haben sich um keinen Cent verändert, nur ist mit dem Aufsummieren der Transaktionen (Ströme) eine wundersame Geldvermehrung vorgegaukelt worden. Es fällt schwer, hier noch sachlich zu bleiben. Aber gut, man muss erst mal dahintersteigen. Anscheinend reicht es wirklich, etwas hübsch in bestechend logische mathematische Rechnungen zu verpacken – et voilà – das Märchen ist in der Welt. Warum wie in der Abbildung der Abhebe- und erneute Einzahlvorgang als Kreditvergabe tituliert wird, bleibt des Märchenerzählers Geheimnis. Beim zweiten Nachdenken erscheint es logisch, dass hier der Verleihgedanke weiter transportiert werden soll…

Man stelle sich nur vor, was für eine Rechnung uns präsentiert würde, wäre die Mindestreserve auf Null gesetzt (ist in den UK der Fall, die BoE setzt keine MR-Pflicht). Keine Einbehaltung bzw. „Steuerabzug“ mehr bei Transaktionen, was zu unendlichen Transaktionssummen, äh „Geldschöpfungen“ führt! Willkommen bei den Irrungen und Wirrungen der Wirtschafts“wissenschaften“!

Man darf aber wie gesagt nicht anfangen zu fragen „Wie blöd können die eigentlich sein, um so einen Unsinn zu verbreiten?“ Das Ganze hat System. Was hier rüberkommen soll, ist wie schon gesagt die „Tatsache“, das Geld bei Kreditvergabe nur weiterverliehen wird. Und wieder sind wir bei einer bestimmten Ideologie, die sich dessen bedient, deren Fundament auf solchen Vorstellungen ruht. Wenn man da nur mal genau nachschauen würde (das Nachdenken nimmt einem leider keiner ab), sähe man mit eigenen Augen, wie morsch und wackelig dieses „Fundament“ eigentlich ist. Dabei genügen womöglich ein paar wohlüberlegte Schläge mit dem Vorschlaghammer und alles fällt in sich zusammen… Nagut, wir arbeiten zumindest daran.

In Teil 2 geht es weiter mit endogen vs. exogen, der „Allmacht“ der Zentralbank, verschiedenen geldtheoretischen Ansätzen und zahlreichen Fehlschlüssen, etc. Dazu müssen nur nochmal die eigenen Gedanken geordnet werden.