Die Abgründe unseres Wirtschaftssystems (1) 

Was tun in einer Welt, die nicht mehr wachsen will? Allerorten mehren sich die Anzeichen bzw. werden sie immer deutlicher, dass eine Phase der Stagnation bevorsteht. So spricht fast-Notenbankchef Larry Summers von einer möglichen „säkularen Stagnation“, da die Investitionsbereitschaft so gering sei, dass sie nur bei negativem Zinssatz wieder angefacht werden könne. Ist auch irgendwie logisch – wenn der ROI weniger Rendite verspricht, als man durch das Parken des Geldes erhält, dann hat die Wirtschaft und damit Welt ein Problem!

Das Ideen-Panoptikum ist dabei so skurril, dass unter den „Lösungsvorschlägen“ allen ernstes die Abschaffung von Bargeld erwogen wird, um das Horten von Geld bei negativem Zinssatz zu unterbinden. Alternativ spränge wieder mal der Staat als Schuldner ein oder man verstaatlicht gleich das ganze Bankenwesen. Die Prämisse ist klar, es muss weiter aufwärts gehen, am Wachstumsdogma wird nicht gerüttelt. Aus Sicht der Eliten durchaus verständlich, kämen doch Probleme ganz anderer Größenordnung ans Tageslicht, wenn man sich davon lösen würde…

Am Glauben fehlt es gerade denjenigen keynesianisch geprägten Fachleuten nicht, dass man nur mehr Geld in die Hand nehmen müsse, und das System liefe wieder rund. Andernorts lautet es, die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes sei zu gering und genau deswegen müsse man zu Zwangsmaßnahmen wie negativen Zinsen greifen. [Diese Begrifflichkeit führt allerdings in die Irre, dazu im nächsten Teil mehr.] Aber genau jener „Glaube“ ist so bar jeglicher Realität, dass es zumindest mir als Naturwissenschaftler bitter aufstößt. Aber wahrscheinlich bin ich nur ein gebranntes Kind, wie die letzten Jahre Arbeit in der erneuerbaren Energien-Branche gezeigt haben. Dort wurde in den absoluten Boomzeiten 2010 die sich bislang abgezeichnete Exponentialfunktion bei Personalbedarf und Produktionskapazitäten einfach weiter in die Zukunft hoch skaliert. Da liefen Planungen mit 3-facher Kollegenanzahl und riesigen neuen Werken binnen 3-5 Jahren.

Dementsprechend groß war (und ist) der Katzenjammer. Die Lehre, die man daraus ziehen kann, ist die, dass der Mensch dazu neigt, die Entwicklung der Vergangenheit in die Zukunft zu übertragen – erst recht im positiven Überschwang. Diese Entwicklung hielt auf die Firma bezogen nur wenige Jahre an, irgendwann ebbte einfach der Geldstrom ab. Steile Wachstumsraten bedeuten eben auch ein schnelles Ende des Zyklus. Übertragen wir das Ganze einmal auf die Gesamtwirtschaft. Hier läuft die Entwicklung im Vergleich zu einer einzelnen Firma erheblich langsamer ab. Die Wachstumsraten sind eher gering, und so dauert es um einiges länger, bis man an einem Punkt ankommt, wo das System an seine Grenzen stößt und anfängt zu kippe(l)n. Damit wären wir wieder bei der Einleitung und genau an dem Punkt, wo wir heute stehen.

Geht es nun weiter so wie bisher, mit noch mehr Anstrengung und Energieaufwand, jeder legt noch ein Schippchen drauf? Oder fangen doch ein paar mehr Leute an mal einen Schritt zurückzutreten und sich das Hamsterrad einmal genauer anzuschauen, in dem sie sich werktäglich abstrampeln? Nachhaltigkeit ist ein immens wichtiger Begriff, an dem die Welt, an dem jede(r) Einzelne nicht länger vorbeikommt. Rohstoffe aus der Erde zu buddeln ist es eben gerade nicht! Ich mache mir nichts vor, bisher hat es immer erst eines großen Knalls bedurft, bevor der Mensch ein Einsehen hatte und sein Handeln änderte. Wäre ein Novum, wenn es einmal ohne Krise funktionieren würde.

Dieser Ausblick auf die reale Wirtschaftskomponente soll für den ersten Teil ausreichen, in Teil 2 werden wir uns das Geldsystem näher anschauen und auf das Thema Verteilung zu sprechen kommen. Denn irgendwo her muss der Drang bzw. Zwang nach immer mehr Wachstum ja kommen!