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  • thewisemansfear 8:48 pm am April 27, 2015 Permalink
    Tags: , , , , ICU, Keynes, , Target2   

    Was ist dran an „unserem“ Geld in Griechenland? 

    Es häufen sich in den Kommentarspalten aufgebrachte (angestachelte?) Nutzer, die offen einen Austritt Griechenlands aus der Eurozone fordern – es sei „schon genug von unserem sauer erarbeiteten Steuergeld in dieses Fass ohne Boden geflossen.“

    Medial aufgetischt wird einem die Griechenland-Rettung so zumindest. Die Troika aus EU-Kommission, IWF und EZB müssen beständig Kredite nachschießen, sonst ist das Land geldtechnisch trocken gelegt. Eine informative Zusammenstellung findet sich hier.

    Was ist aber dran, an der Behauptung von „unserem“ Geld?

    Man muss sich einerseits fragen, ob besagte Kommentatoren den Unterschied zwischen einer Bürgschaft und real fließendem Geld verstanden haben, aber schauen wir weiter auf die Entwicklung, die zum jetzigen Zeitpunkt hingeführt hat. Griechenland, d.h. die Gesamtheit von Bevölkerung, Unternehmen und Staat importieren Jahr für Jahr mehr, als sie im Gegenzug exportieren. Was geschieht konkret, wenn ein Produkt aus dem Ausland gekauft wird? Nun, die Ware wird bezahlt. Warenstrom erfolgt ins Inland, der Geldstrom über die Grenze ins Ausland. Letzteren schauen wir uns genauer an:

    Den Bargeldtransfer per Post oder Kurier klammere ich einmal aus, das Geld wird überwiesen. Beim internationalen Zahlungsverkehr sind neben den Geschäftsbanken (einheimisch oder Geschäftsstelle einer ausl. Bank) noch die Zentralbanken involviert. Warum? Weil bei der Übertragung von Giralgeld der Geschäftsbanken immer auch Zentralbankgeld bewegt wird, Geschäftsbanken akzeptieren untereinander nur ZBGeld zur Verrechnung ihrer Salden. Wie sollte die Bilanz der Bank sonst auch ausgeglichen bleiben? Fließt auf der Passivseite Kundenguthaben ab, muss automatisch auch auf der Aktivseite (Zentralbank-)Geld in selber Höhe abfließen (oder es finden Zuflüsse in gleicher Höhe statt, aber genau das ist bei chronischen Defiziten ja genau nicht der Fall).

    Damit das Geld vom Konto des Käufers in GR auf dem Konto des Verkäufers landet, sind die Bank of Greece und die ausländische ZB „Relaisstationen“. Effektiv finden überall Buchungssätze statt, dinglich transferiert wird da schon länger nichts mehr. Innerhalb der Eurozone kommt zur Saldendokumentation ein System namens Target2 zum Einsatz. Den Geld“transfer“-Weg kann man in der Grafik unten nachverfolgen, unterteilt in Geschäftsbank- und Zentralbankebene. Über den Dollar in der Abbildung nicht irritieren lassen, im Euro-Währungsverbund wird selbstverständlich nur Euro zwischen den Landes-ZBn transferiert – via Target2 eben.

    int. Geldtransfer im hierarchisch gegliederten Geldsystem

    int. Geldtransfer im hierarchisch gegliederten Geldsystem

    Target2 ist in erster Linie ein Dokumentationssystem. Auszug aus der BuBa-Beschreibung zum Thema:

    „Fließen beispielsweise einer über die Bundesbank an TARGET2 teilnehmenden Bank Gelder aus dem Ausland zu, führt dies bei der Bundesbank zu Verbindlichkeiten gegenüber dieser Bank (etwa durch Gutschrift des Betrages auf deren Girokonto). Im Gegenzug entsteht eine Forderung der Bundesbank in gleicher Höhe gegenüber der sendenden nationalen Zentralbank. Diese wiederum belastet das Konto der sendenden Geschäftsbank. Dies erfordert ein ausreichendes Guthaben an Zentralbankgeld der sendenden Bank.“ (Quelle)

    Damit ist der Zahlungsverkehr von Sender zu Empfänger nachvollziehbar. Fließen nun mehr Euro von Griechenland ins Ausland als in Gegenrichtung, wird das über einen negativen T2-Saldo angezeigt. Die Gegenbuchung darf natürlich auch nicht vernachlässigt werden, was sich auf der einen Seite als Defizit niederschlägt, bedeutet an anderer Stelle einen entsprechenden Überschuss. Querschüsse hat das in dieser Grafik wunderbar visualisiert:

    Target2 Salden der Eurozone

    Target2 Salden der Eurozone (Quelle und (c) querschuesse)

    Auf statista gibt einen etwas neueren Überblick (02/15) in Form eines Balkendiagramms.

    Jetzt kommt der Punkt, den es zu verstehen gilt: Der Gesamtsaldo ist wie üblich Null (aber da ist auch noch die EZB involviert). Positiver Saldo – und da nimmt D die Spitzenposition ein – bedeutet monetären Überschuss. Wie ein großer Staubsauger werden Euro aus den Defizitländern v.a. nach D transferiert. Die Waren- und Dienstleistungsströme finden entgegengesetzt statt. Hier wird (mehr) produziert und verkauft, anderswo entsprechend (mehr) konsumiert.

    Wenn sich dauerhaft positive (resp. negative) Salden herausbilden, dann lebt eine Partei unter- und eine Partei über ihren Verhältnissen. Das sind jedoch 2 Seiten ein und derselben Medaille. Man kann im Überschuss-Land mit dem Finger auf seinen Gegenpart zeigen und ihn des „nicht vernünftig Wirtschaftens“ bezichtigen. Das greift dann allerdings viel zu kurz und blendet die eigene Verantwortung an der Situation aus. Ausschlaggebend für Kaufentscheidungen der Konsumenten auf einem „freien Markt“ ohne vorhandene Beschränkungen ist nun einmal der Preis, bzw. Preis/Leistungsverhältnis. Und maßgeblich für den Preis sind die Lohnstückkosten (Lohnkosten im Verhältnis zur Produktivität).

    Wenn ein gesamtes Land meint, es müsse Lohnzurückhaltung üben, dann schlägt sich das positiv in den Kaufentscheidungen für die nun attraktiveren Produkte nieder (was ja gewollt war, Stichwort Exportweltmeister). Aber welchen Vorwurf will man den ausländischen Bürgern denn machen? Dass sie sich rational für das beste P/L-Verhältnis entscheiden? Was können diese Menschen in der Gesamtheit dafür, dass sich bei ihrem Kaufverhalten ein chronisches Defizit einstellt? Die politische Weichenstellung ging von Deutschland aus, hier nahm der Kampf um die Marktanteile über den Unterbietungswettbewerb bei den Lohn(stück)kosten seinen Anfang. Ausufernde Salden wären in einer perfekten Welt Anzeiger für Politik, zu handeln. Stattdessen lehnt man sich zurück und lässt gemeinsam in ideologischer Eintracht die Kritiker aus den Defizit-Ländern auflaufen.

    Das Ende vom Lied erleben wir gerade live mit. Die Konsumenten finden sich in der Schuldenfalle, die Produzenten werden über Verdummungsmedien gegen sie aufgestachelt und der Euro wird als Schuld an der Misere hingestellt… Das ist zu einfach!

    Der Mythos von „unserem Geld“

    Ach ja, es ging ja um „unser“ Geld im Ausland. Nichts könnte weiter entfernt von der Realität sein. Deutschland ist Staubsauger von ausländischer Nachfrage (= Geld) und hortet dies als monetären Überschuss. Die Schwarze Null im Bundeshaushalt ist nur möglich mit über 200Mrd.€ an Geld aus dem Ausland, und die Planungen für dieses Jahr legen da nochmal eine Schippe drauf!

    Geld entsteht in den Banken vor Ort per Kreditvergabe. Über den beschriebenen Mechanismus müssen zwangsweise die ausländischen Bürger irgendwann reihenweise pleite gehen, da ihnen Geld zur Kreditrückzahlung fehlt. DA muss die Politik ran. Klar können wir nach und nach die überschuldeten Länder aus der Eurozone kicken, GR wäre da nur der Anfang. So lange an der aktuellen Politik festgehalten wird (dauerhafte Überschüsse seien etwas Gutes), kann es keine Lösung geben. Überschüsse erzwingen Defizite, man kann es gar nicht oft genug wiederholen.

    Was geschähe denn, wenn es die Eurozone nicht mehr gäbe? Es würden rasch über Auf- und Abwertungen Auslands-Schulden entwertet! Das ist der einzige Sinn und Zweck von Währungsabwertungen… Die Gläubiger schauen so oder so in die Röhre. Lieber geriert man sich noch über Notkredite und Finanzhilfen, womit man die Banken im Ausland liquide hält. Auf die ein oder andere Weise muss ein Ausgleich stattfinden, bei dauerhaft mehr Ab- als Zufluss an (monetären) Mitteln ist überall irgendwann Sense. Klopft der Politik endlich auf die Finger, dass hier in D die Inlandsnachfrage höher ausfällt. Es funktioniert nicht, dass von hier aus für den Rest der Welt mit produziert wird. Als Ausgleich müssten wir dann im Ausland jeder kräftig Urlaub machen und das Geld wieder dorthin zurücktragen.

    Keynes hatte mit der Idee einer International Clearing Union (ICU) einen eleganten und zudem funktionalen Vorschlag, wie dieses Problem des Überschussrecycling zu lösen wäre. Man sanktioniert sowohl Defizite als auch Überschüsse, wenn sie überhand nehmen bzw. chronisch werden sollten. Das wäre die simpelste Lösung, da der Anreiz verloren ginge, dauerhaft Überschüsse erwirtschaften zu wollen. Dann kann jedes Land nach seiner Façon glücklich werden und keines braucht sich mehr von außen reinregieren zu lassen. Die USA haben sich in Bretton-Woods über den Vorschlag von Keynes hinweggesetzt, daher braucht es mehr Druck und Aufklärung von unten, um eine für alle Parteien zufriedenstellende Lösung zu finden.

     
  • thewisemansfear 2:52 pm am April 26, 2015 Permalink
    Tags: , , Varoufakis   

    Medial gesteuerte Stimmungsmache gegen Varoufakis 

    Es ist geradezu köstlich, einmal live und in Farbe zu erleben, wie die mediale Maschinerie arbeitet.

    Man nehme einen griechischen Finanzminister, der mit seinen Kollegen in Riga noch nicht ganz auf einer Wellenlänge scheint (mal ganz vorsichtig ausgedrückt). Inhaltliche Diskussion anscheinend nicht möglich bzw. unerwünscht. Man schreibt von seiner Isolation, u.a. bei

    Reuters: Der einsame Weg des Yanis Varoufakis im Schuldenstreit    Auszug:

    „Er ist völlig isoliert“, sagt ein hochrangiger Vertreter der Euro-Zone später über Varoufakis. Diese Isolation ist den ganzen Tag spürbar, bis der Minister am Abend allein zur Brücke am Fluss spaziert. Es ist ein weiter Weg über die Düna. Ein kalter Wind weht.

    Ich bin ehrlich gesagt überrascht, wie „hübsch verpackt“ eine Nachrichtenagentur Inhalte (so es sie denn gibt) verpacken kann. Ganz großes Kino. Natürlich wird das von den Sprachrohren, die mehr und mehr zu reinen Verstärkern verkommen (oder es bereits sind), begierig aufgegriffen. Mittlerweile sind die Meldungen in zig Blättern voll davon. Welt, FR-Online, etc & pp, alle mit nahezu gleichlautendem Wortlaut diese „Inhalte“ wiederkäuend.

    Am heutigen Sonntag schreibt dann Antonis Karakousis, ein Leitartikler (Chefredakteur?) der griechischen Zeitung „To Vima“ einen Kommentar mit dem Titel „Revelations for Varoufakis“ – zu deutsch: „Enthüllungen zu Varoufakis“.

    Darin äußert er sich über die angespannte Situation und streut das Gerücht über Varoufakis womöglich bevorstehenden Abgang:

    „It is no coincidence that since Friday afternoon there have been rumours circulating in Athens from the government itself, regarding his replacement.“

    Regierungskreise, näher benennt er seine Quelle nicht.

    Was machen nun unsere deutschen Qualitätsmedien daraus? DPA hat zumindest flugs eine Ticker-Meldung daraus fabriziert:

    DPA: Zeitung: Gerüchte über baldigen Rauswurf von Varoufakis

    DAS ist natürlich zusammen mit der Isolations-Vorgeschichte vom Freitag/Samstag ein gefundenes Fressen für die Sprachrohr-Medien. Weil es so gut passt, bastelt WIWO das Rausschmiss-Gerücht gleich mit dem Isolations-Artikel zusammen. Wow, liest sich das gut. Unhaltbar der Mann, den Eindruck könnten unbedarfte Leser gewinnen. Den nötigen Nachdruck verleiht die Story dem Verbreiten über alle möglichen Ticker. Aber was einmal über die Agentur oben ins mediale Verwurstungssystem eingekippt wurde, wird über alle verfügbaren Sprachrohre rausgepustet.

    Wenn es alle berichten, dann muss doch da was dran sein? Auch wenn später wieder zurückgerudert wird, das Dementi wird jedenfalls nicht mit demselben Elan verbreitet werden, da bin ich mir sehr sicher.

    Und all das aufgrund von Finanzministern, die einem anders Denkenden nicht zuhören können/wollen, also im Kern nicht konfliktfähig scheinen, und einem Kommentatoren, der ein Gerücht unbekannter Quelle in die Welt setzt. Worin genau die inhaltlichen Differenzen mit den Minister-Kollegen bestehen? Erfährt man nicht. Varoufakis hat seine Hausaufgaben nicht gemacht, basta! Auf der großen Brücke steht er dann folgerichtig einsam in der Kälte… Warum auch inhaltlich über Ungleichgewichte in den Leistungsbilanzen oder den unausweichlichen Weg der EU in eine Transferunion berichten, wen interessiert das schon?

    Was hat das noch mit Journalismus zu tun? Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Nur – diese Medien braucht kein Mensch.

    —-

    Update: Bei fdik aufgeschnappt: Journalismus kann man aber auch gleich ganz weglassen. Und es kommt endlich auch Varoufakis Schwieger-VATER zu Wort, blöd! sei Dank. Hör auf deine Familie, Yanis. Bleib bloß auf Linie und unterschreib, was die Dir vorlegen!!1

     
  • thewisemansfear 12:14 pm am January 31, 2015 Permalink
    Tags: , , , , Michael Schlecht, ,   

    Neulich im Bundestag: Ideologie triumphiert über Sachverstand 

    Um das Thema Außenhandel und Leistungsbilanzüberschuss sowie -defizit wurde schon viel gesagt und geschrieben. Fakt ist, dass sich auf der Welt insgesamt alle Überschüsse und Defizite zu NULL aufaddieren, da die Welt selbst keinen Außenhandel betreibt (noch ist es zumindest nicht soweit). Die Chefideologen im Bundestag und im Beraterstab arbeiten aber weiter darauf hin 😉

    Die Widersprüche, in die sich so einige Überschussbefürworter verstricken, sind im Folgenden Debattenausschnitt auf den Punkt gebracht:

    • einseitige Sichtweise: „Wir haben Überschüsse, und das ist gut so!“ Dass diese Defizite auf der anderen Seite erzwingen bleibt außen vor.
    • „Wir haben schon Erfolge bei der Stimulierung der Binnennachfrage erzielt, sind deshalb auf einem guten Weg!“ Aha. Und deshalb rechnet der Wirtschafts-Siggi in seinem Haushaltsplan für dieses Jahr mit einem steigenden Außenbeitrag (höheres Defizit == mehr Schulden des Auslands)? Im Endeffekt heißt das, die Binnennachfrage läuft weiter unterdurchschnittlich.
    • „Wir wollen und brauchen kein Defizit in Deutschland!“ Haha, nein, wir verschenken dauerhaft Wirtschaftsgüter für monetäre Gutscheine (Geld). Auf diesem gehorteten „Schatz“ ruhen wir uns dann aus. Wenn nur das Ausland nicht dauern Pleite gehen würde… *hmpf*  Nochmal: Gelderwerb ist kein Selbstzweck. Wer geht arbeiten, damit der Kontostand stetig weiter steigt? Wenn man das so erarbeitete Geld nicht wieder für ein paar schöne Dinge ausgibt, dann hat man irgendwann vergessen zu leben… Schöner Selbstbetrug.
    • Daran anknüpfend: Es ist und bleibt unwiderlegbare Logik, dass der Abbau von monetären Überschüssen nur über ein Defizit im Überschussland möglich wird. Auf Einzelsicht bezogen, muss nach dem Sparen auch wieder entspart werden, sonst hat man nichts von der Ersparnis a.k.a. „Überschüsse“ gehabt. Die schwäbische Hausfrau, wenn sie alles richtig macht, lebt am Ende ihrer Tage vom Ersparten („über ihre Verhältnisse“). Ihr Konto weist dann ein bilanzielles Defizit auf.
    • Auf den Staat bezogen gibt es aber kein „Ende seiner Tage“, sondern steten Generationswechsel. Es kann kein dauerhaftes Ansparen bzw. dauerhaftes Verschulden geben. Der Hinweis auf den Stabilitätspakt von Michael Schlecht ist daher der Wink mit dem Zaunpfahl, der leider von den Ideologen beiseite gewischt wird.
    • „Wir wollen dass Deutschland als Exportnation erfolgreich bleibt, damit die Menschen in diesem Land Arbeit haben!“ Unfassbar, aber nur konsequent. Scheiß aufs Ausland, Hauptsache wir können unsere Leute beschäftigen… Wir produzieren am liebsten für die gesamte Welt mit! Da braucht keiner mehr den Finger rühren, uns reicht der wohlige Gedanke an dauerhaften Überschuss *facepalm*
    • Wenn das Ausland nur nicht ständig überschuldet wäre, hach, dieser Plan könnte bis in alle Ewigkeit so weiter verfolgt werden… Da muss man doch was tun, wenn die einfach nicht vernünftig wirtschaften können. Und dann wollen die nicht mal auf unsere Ratschläge hören?! Tsssss.

    Auf nationaler und internationaler Ebene zählen als wichtigste Vergleichsgröße die Lohnstückkosten (Lohn geteilt durch Produktivität). Es kommt eben nicht allein auf die Produktivität an, sondern ob diese im Verhältnis zu den Löhnen steht. In einer Währungsunion wie Deutschland nach der Wende und nun in der Eurozone insgesamt, müssen die Löhne an die Produktivität angeglichen werden. Die Unternehmen beuten aber genau die Lohndifferenzen zu ihren Gunsten aus, indem sie hochproduktive Werke in strukturschwache Randgebiete verlagern, wo sie eben nicht denselben Lohn für die gleiche Arbeit zahlen müssen. Ihr wollt Arbeit? Ja, aber nur zu unserem Preis! 

    Im Außenhandel gibt es das Mittel der Auf- und Abwertung der eigenen Währung. Häuft ein Land (zu Lasten des Auslands) über einen längeren Zeitraum monetäre Überschüsse an, werden die quasi über Nacht entwertet. Da können sich die Aufwertungs-Apologeten noch so drüber freuen, dass sie nun mehr Kaufkraft im Ausland zur Verfügung hätten. Das ist reine Augenwischerei. Es erzwingt über Nacht in- und ausländische Unternehmen ihre Bilanztitel neu zu bewerten mit entsprechenden Verwerfungen auf beiden Seiten. Fakt ist, dass danach die Auslandsnachfrage schwächer ausfällt und der Exportsektor das Nachsehen hat.

    Man kann es noch so sehr wollen und dank ideologischen Scheuklappen den Blick von der Realität abwenden, aber das Anhäufen von Dauerüberschüssen wird nicht gelingen. Die Politiker, die den Stabilitätspakt ausgearbeitet haben, hatten noch diese weise Voraussicht. Ich hoffe, dass nicht nur Ideologen im Bundestag sitzen, sondern dass sich Erkenntnisse dieser Tragweite irgendwie auch wieder als Allgemeingut durchsetzen. Sonst fährt dieser Karren gewaltig vor die Wand. Erst trüben sich in den Unternehmen die Aufträge und damit die Umsätze ein, dann brechen die Gewinne weg und es rückt der größte Ausgabenposten in den Fokus – die Löhne. Im Anschluss wird hilfesuchend bei der Politik angeklingelt: „Wir müssen billiger werden!“ Agenda 2020! Usw. usf. Die Abwärtsspirale ins Nichts, die lediglich einen zeitlichen Vorteil verschafft, bis der Rest nachgezogen hat oder sogar noch stärker gesenkt hat, spätestens dann ist man wieder im Zugzwang.

    Dem muss man klipp und klar einen Riegel vorschieben. Auch nicht für mehr Arbeitsplätze in Deutschland, nicht auf diesem Weg. Ein Wetteifern, wer es am günstigsten kann in der Währungsunion, nützt nur den Unternehmern. Aber selbst das nur temporär, da die Gesamtnachfrage so immer hinter den Erwartungen zurückbleiben wird. Die Politiker außerhalb des Linken Lagers lernen besser schnell, dass Wirtschaften immer Umverteilung bedeutet. Zu wessen Gunsten, das wird ständig neu austariert. Die Finanzlobby ist nach wie vor gewaltig am Drücker, aber auch dort wird man das Mächteverhältnis nicht mehr lange aufrecht erhalten können (ohne die Krallen noch weiter auszufahren). So fällt dann Hülle um Hülle, bis auch der Letzte mitbekommt, was hier eigentlich gespielt wird.

    Update: Merkel und Schäuble warnen und ermahnen Griechenland: Deutschland sei nicht erpressbar.http://www.zeit.de/politik/2015-01/merkel-schaeuble-griechenland
    Ist es eben doch! Wer Überschüsse anhäuft, baut lediglich Forderungen gegenüber dem Ausland auf und ist damit abhängig von der Leistungsfähigkeit und dem Willen des Schuldners. Man vertraut auf das Versprechen des „Schuldners“ (a.k.a. Geld), zukünftig Waren/Dienstleistungen im selben Wert konsumieren zu können. Was man effektiv ein“fordern“ kann, zeigt sich eben jetzt am aktuellen Beispiel. Wenn es dumm kommt nichts!
    Aber die Ermahnung wird schon wirken, wenn wir nur alle fest die Daumen drücken! 😉

     
    • GeorgT 5:53 am am Februar 3, 2015 Permalink | Antworten

      Sehr schoen geschrieben. Und was auf der Ebene der Volkswirtschaften dem einen oder anderen trotz per medialem Trommelfeuer verbreiteten Unfung doch noch einleuchtet, ist natuerlich auch auf der Ebene der Unternehmen und der Ebene der Individuen in gleicher Weise wirksam. Habe soeben auf Querschuesse einen neuen Begriff kennengelernt, der das aufgreift und noch etwas weiter traegt: saldenmechanischer Spreizeffekt. Kommt uebrigens vom gleichen Stuetzel, der Flassbeck die volkswirtschaftliche Saldenmechanik beigebracht hat, von der heute keiner mehr etwas wissen will.
      http://www.querschuesse.de/zu-nachlassenden-unternehmensinvestitionen-teil-3/

      „Wenn man das so erarbeitete Geld nicht wieder für ein paar schöne Dinge ausgibt, dann hat man irgendwann vergessen zu leben… Schöner Selbstbetrug.“

      Dabei ist interessant, wer diesen Selbstbetrug, zum Teil mit staatlicher Unterstuetzung aber immer mit staatlicher Lizenz, als Grundlage des Geschaeftsmodell fuer sich nutzt. Banken und Versicherungen.
      Es lohnt sich also ueber sog. kapitalgedeckte Altersvorsorge (z.B. Riester) gruendlich nach zu denken.

      • thewisemansfear 7:38 am am Februar 3, 2015 Permalink | Antworten

        Ich habe bei diesem Mist selbst jahrelang mitgemacht. Der Arbeitgeber verteilt Zückerli und schießt was bei, und zusätzlich werden noch Entgeltbestandteile „umgewandelt“, d.h. angespart.
        Hhm, der Begriff „saldenmechanische Spreizung“ trifft das Ganze sehr gut. Man versucht ja nichts anderes, als einen Teil seines Einkommens in die Zukunft zu transferieren (und heute drauf zu verzichten), dass zum späteren Zeitpunkt aber von anderen / vom dann (noch) vorhandenen Kapitalstock generiert werden muss. Das ist die Augenwischerei dabei.

        Man muss sich nur vor Augen halten, dass die Versicherungen ihren Gebührenanteile gleich in den ersten 3-5 Jahren rausziehen, das ist ein einziger Hohn. Die nachträglich geänderten Besteuerungsregeln machen das im besten Fall zur Nullnummer, aber wer rechnet diesen Kram schon nach…

        • GeorgT 9:31 am am Februar 3, 2015 Permalink

          Jeder duerfte mehr oder weniger in die Systematik eingebunden sein bzw. sich eingebunden haben. Leider wird nicht gruendlich genug darueber nachgedacht, wie das Ganze zusammenhaengt und funktioniert.
          Ihre Artikel sind da hoffentlich Anregung fuer den einen oder anderen. Ich bin jeden Tag mit Menschen konfrontiert, die ausser ihrer Arbeitskraft nichts haben und taeglich um ein minimales Liquiditaetspolster, das ihne eine Teilnahme am „Spiel“ ermoeglicht, kaempfen. Wenn man gleichzeitig vor Augen hat, wie jede Idee, einen Schritt vorwaerts zu kommen, daran scheitern kann, dass kein Geld und auch kein Kredit zu tragbaren Konditionen zugaenglich ist, dann begreift man, auf welchen existenziellen Noeten/Aengsten dieser „Mist“ gedeiht.

        • thewisemansfear 10:28 pm am Februar 5, 2015 Permalink

          Ja, und vielleicht werden dann ein paar Menschen irgendwann auch verstehen, dass Geld zwar als Liquidität benötigt wird und den Laden am laufen hält, aber das große Räderwerk von zur Verfügung stehenden Energieträgern (und deren Nutzbarmachung) abhängt. Wenn es sonst keine ausbeutbare Energiequelle gäbe, bleibt ja nur die körperliche Arbeitskraft, um *irgendetwas* zu bewegen.
          Ich bin mal auf eine Seite gestoßen, wo sehr plastisch eine Parallele zwischen Geld und verfügbarer Energie dargestellt wurde. Für diejenigen, die es im Überfluss haben, drehen sich die Räder ohne zutun…

  • thewisemansfear 4:59 pm am July 27, 2014 Permalink
    Tags: Mainstream-Medien, Meinungsmache, ,   

    Die Grenzen objektiver Berichterstattung – woran erkennt man Propaganda? 

    Ja, das Thema lässt auch mir keine Ruhe. „Das erste, was in einem Krieg unter die Räder kommt, ist die Wahrheit.“ Was aber ist überhaupt diese ominöse Wahrheit? Man hat in der heutigen Zeit den Eindruck, dass das zur Wahrheit deklariert wird, was der Masse möglichst laut ins Megaphon geblökt wird. So funktioniert das aber nicht… Es erscheint von daher unbegreiflich, wie unseriös die Mainstream-Medien (MSM) arbeiten. Anstatt Aufklärung zu betreiben, Beweise und Belege einzufordern, wird munter das sog. „blame game“ mitgespielt. Einer fängt an und zeigt mit dem Finger auf den vermeintlich Schuldigen und statt die Anschuldigungen zu überprüfen und zu hinterfragen, stimmt man im Chor mit ein. Statt dem Ruf nach Besonnenheit und dem Versuch zu deeskalieren wird eine Sanktionsspirale „auf Zuruf“ weiter angezogen.

    Es gibt immer mehrere Sichtweisen auf ein und denselben Sachverhalt. Wenn man sich auf eine Seite schlägt, geht die objektive Berichterstattung flöten und wird durch Meinungsmache ersetzt. Die dient aber lediglich als Verstärker schon latent vorhandener Stimmungen und dient in keinster Weise der Aufklärung eines Sachverhalts.

    301

    STOPPT einseitige Berichterstattung JETZT

    Das wäre mal eine eindringliche Botschaft an die Leserschaft…

    Wann verliert sich eine auf objektiver Aufklärung ausgerichtete Berichterstattung in meinungsmachender Propaganda?

    • durch Personifizierung: ein einzelner Mensch steht als Sündenbock stellvertretend für ein ganzes Land
    • durch Emotionalisierung: wenn Opfer und deren Angehörige instrumentalisiert werden
    • wenn gebetsmühlenartig Anschuldigungen wiederholt werden, wofür man Belege schuldig bleibt
    • als „Belege“ werden youtube und twitter-Meldungen verbreitet
    • etc.

    Man schaue sich z.B. einmal den folgenden Beitrag an. Hier hat sich jemand die Mühe gemacht und (aus dem Zusammenhang gerissene) Bilder, die durch die Presse gingen, wieder in den zugehörigen Kontext zu stellen. Die Wirkung könnte gegensätzlicher nicht sein:

     

    Wie das Ganze auf Reporter-Ebene abläuft, kann man im folgenden Gespräch (englisch) miterleben. Der Journalist links stellt Fragen, die in der Sache weiterführen würden, während sein Kollege lieber mit Opfern und Angehörigen emotionalisiert und seinen Gegenüber damit zu marginalisieren versucht.

     

    Da sind wir an so etwas wie Grenzen objektiver Berichterstattung angelangt. Wir leben alle in einer komplexen Welt. Bei der Informationsverbreitung sind wird auf eine „chain of trust“ (vertrauenswürdige Kette aus Quellen) angewiesen. Wenn aber Agenturmeldungen als Startpunkt dieser Quelle nachweislich Falschmeldungen verbreiten und diese dann von den MSM ungeprüft übernommen werden, dann ist diese Informations-Verteilpyramide und damit das System grundsätzlich in Frage gestellt. Wie vertrauenswürdig ist die Quelle? Glaube ich ihr ungesehen, wie es Mrs. Harf vom State-Department von den Journalisten in den Briefings gern hätte? Das wäre an Naivität wohl nicht mehr zu überbieten. Die Prüfung der Quelle nimmt einem aber niemand wirklich ab.

    weiterführende Links abseits der „Großen“:

    kleines Update mit neuem Bildmaterial [21:40Uhr]

     
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